Marktplatz
Durch die restriktive „Judenpolitik“ des
Heiligen Römischen Reiches wurden
jüdische Bürger ab dem 14. Jahrhundert aus
vielen Städten und ganzen Regionen (vor allem
aus den kirchlichen Territorien / Bistümern)
vertrieben und mussten in ländliche Bereiche
ausweichen. Hier waren die wirtschaftlichen
Voraussetzungen deutlich schwieriger, sodass
jüdische Bürger von vorherein wirtschaftlich
eher schlechter gestellt wurden. Die
Vertreibung aus den Städten war unter
anderem dem Erfolg mittelalterlicher jüdischer
Händler geschuldet, die oftmals bessere
Geschäfte machten als ihre christlichen
Konkurrenten. Bis ins 19. Jahrhundert prägte
diese Vertreibung das Leben der jüdischen
Bürger.
Für diese gezielte Vertreibung jüdischen Lebens
aus den Städten und das damit verbundene
Aufblühen jüdischer Kultur im ländlichen Raum
entwickelte sich im 20. Jahrhundert der Begriff
des Landjudentums. Als Landstadt profitierte
Aurich von dem Landjudentum. Auch wenn die
meisten jüdischen Bürger aufgrund des
Zunftzwangs eher arm waren, prägten und
stärkten sie den ländlichen Raum.
Im 19. Jahrhundert lebten viele der jüdischen
Bürger in Aurich vom Viehhandel oder waren
Schlachter. Dadurch wurde der Auricher
Viehmarkt, der auf dem Marktplatz stattfand,
zu einem der bedeutendsten seiner Zeit in
Ostfriesland. Während es 1833 in Aurich noch
keinen einzigen jüdischen Viehhändler gab,
zählte man 1919 bereits rund 20. Etwa ebenso
viele jüdische Schlachter und Kaufleute waren
zu dieser Zeit in der Stadt tätig.