vom Wildbad zum Weltbad

Schon die Römer erschlossen in vielen Städten in Deutschland die natürlich vorkommenden warmen Thermalquellen. Sie werden vermutlich auch die hier vorkommenden Quellseen genutzt haben. Allerdings lagen die Emser Quellen zu römischer Zeit in unmittelbarer Nähe des Limes (vgl. Station 2), daher errichteten die Römer wahrscheinlich keine Gebäude so nah an ihrer wichtigen Grenze nach Germanien. Die heutige Bädergeschichte von Ems beginnt im 14. Jahrhundert. Damals lag der Bereich der Emser Quellen vor dem Dorf Ems (vgl. Station 1). Um das Jahr 1320 wird das Emser Bad erstmals erwähnt und zählt damit zu den am längsten genutzten Heilquellen in Deutschland. Weil es damals noch nicht gefasste Quellen in Tümpeln waren, die vor dem Dorf Ems lagen, spricht man auch von Wildquellen. Diese Wildquellen befanden sich vor dem heutigen Kurhaus am Ufer der Lahn. Auch die mittelalterliche Stadterhebung von Ems im Jahr 1324 könnte mit dem „Fund“ der Heilquellen zusammenhängen. Mitte des 14. Jahrhunderts wurde auf einer dieser Quellen ein Turm aus Steinen errichtet und das mittelalterliche Badeleben begann. Rund um die Quellen entstanden erste Fachwerkhäuser, um 1474 wird eine Kapelle geweiht. Schon bald bildete sich ein kleiner eigener Ort rund um die Quellen. Das mittelalterliche Badeleben hatte mit dem späteren gründerzeitlichen Badebetrieb nicht viel zu tun. Bürgerliche Männer, Frauen und Kinder badeten nackt zusammen in den nun immer mehr ausgebauten Bädern und ließen es sich bei „Speis und Trank“ gut gehen. Zunehmend kam auch der Adel Deutschlands in das Bad: Bischöfe, Kurfürsten und Landgrafen. Damals war Ems eines der wichtigsten Bäder Europas – lange vor den modernen Bädern des 19. und 20. Jahrhunderts. Ab 1473 entstand das sogenannte „Armenbad“ direkt neben dem anderen Bad. Hier konnten arme, alte, kranke und beeinträchtige Menschen ihre Schmerzen mit warmem Wasser lindern. Die Finanzierung dieses Armenbades und günstige Übernachtungsmöglichkeiten in der Nähe wurde durch Spenden und Almosen der reichen Oberschicht ermöglicht. Es zeigt wie man sich bereits im Mittelalter sich um das Gemeinwohl und die Schwachen der Gesellschaft kümmerte. Erst im 18. Jahrhundert endete die Zeit des Armenbades in Ems. Um einen Größenvergleich zu heute zu bekommen: der mittelalterliche Badebetrieb fand auf dem Bereich statt, auf dem heute das Kurhaus steht. Der mittelalterliche Badebetrieb wurde von den Herren von Nassau und den Herren von Katzenelnbogen betrieben. Der nassauische Teil, das „Oberbad“ umfasste den westlichen Badebereich, der Teil von Katzenelnbogen, das „Unterbad“ den östlichen Bereich. Im Laufe der Zeit fiel der östliche Teil an die Landgrafen von Hessen. Jahrhundertelang war das Emser Badeleben und der Kurbetrieb auf Boden von den Herren von Nassau und den Landgrafen von Hessen. Da es zwischen den beiden Parteien nicht immer Übereinstimmung gab und sie teils auch rivalisierten, verzögerte sich so manches Mal der Ausbau des Bades. Erst 1866, als beide „Landesteile“ an Preußen fielen, endete diese Zeit der Rivalität. Um 1715 begann man mit dem Bau des Kurhauses. Im 19. Jahrhundert wurde der Komplex deutlich erweitert. Sein heutiges Aussehen erhielt das Kurhaus 1912/1913, als es im Stil des Neobarocks umgestaltet wurde.
Kurhaus

Die Emser Depesche

Es ist Sommer im Jahr 1870, der preußische

König (und späterer erster deutsche Kaiser)

Wilhelm I. (*1797, †1888) weilte wie immer

zur Kur in Ems und schlenderte an der Lahn

entlang. Dort traf er auf den französischen

Botschafter Vincent Benedetti (*1817, †1900).

Zuvor kam es aufgrund der spanischen Erbfolge

zu Spannungen zwischen Frankreich und

Deutschland: In Spanien sollte eigentlich ein

Hohenzoller und damit ein Verwandter von

König Wilhelm I. den Thron besteigen.

Frankreich fürchtete einen Machtverlust in

Europa, weshalb König Wilhelm I. den

Forderungen der französischen Regierung zu-

nächst nachgab und einen Rückzug seines

Verwandten erwirkte.

Beim Zusammentreffen des Königs mit dem

französischen Botschafter in Ems forderte der

Botschafter, dass sich niemals ein Hohenzoller

auf den Spanischen Thron bewerben dürfe. Das

wollte Wilhelm I. jedoch nicht garantieren.

König Wilhelm I. informierte den Reichskanzler

Otto von Bismarck (*1815, †1898) mittels

eines Telegramms von dieser Begegnung. Er

schrieb, dass er die Forderungen Frankreichs

zurückgewiesen hatte und es ablehnte, weiter

mit dem Französischen Botschafter hierüber zu

verhandeln. Nachdem Otto von Bismarck das

Telegramm erhalten hatte, verschärfte er den

Wortlaut und gab es an die Presse.

Diese Nachricht erhitzte die Gemüter der

Menschen beider Länder und wenige Tage spä-

ter erklärte Frankreich den Deutschen den

Krieg. Auslöser dieser Kriegserklärung war

nicht allein die „Emser Depeche“, sondern die

komplexen diplomatischen Verwicklungen der

Tage im Sommer 1870. Der Krieg endete 1871.

Preußen und seine Verbündeten gewannen und

Wilhelm I. wurde zum ersten deutschen Kaiser

ausgerufen.

Römerkastelle mit ungefährem Verlauf des Limes
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Kastell Ems
Kleinkastell „Auf der Schanz“
Limes