Waisenhof

Der Waisenhof gehört zu den größten Fachwerkbauten der Stadt und ist ein Beispiel, wie man aus Holz und ein paar weiteren Materialien wie Lehm und Strohgeflecht ein großes Haus errichten kann. Was einfach klingt, war damals harte Arbeit. Bauholz, wie wir es kennen, gab es nicht. Man konnte damals nicht einfach auf einem Markt Holzbalken für den Hausbau kaufen. Stattdessen musste der Baumeister sein Holz selbst beschaffen. Dafür ging er meist in einen nahen Wald, wo er die benötigten Stämme für den Hausbau in Handarbeit schlug. Jedoch waren die meisten Wälder in städtischer oder adeliger Hand. Bevor er das Holz für den Bau schlagen, bearbeiten und trocknen konnte, musste sich der Baumeister eine entsprechende Erlaubnis einholen, in den Wintermonaten Holz im Wald zu schlagen. Die benötigten Stämme wurden per Hand mit einer Axt oder Bügelsäge gefällt und bis zum Frühjahr gelagert. Danach mussten die Stämme zugerichtet werden, um Balken zu erhalten. Da es noch keine elektrischen Maschinen gab, nutzte man hierfür große Äxte und Handsägen. Anschließend wurden die zugesägten Stämme zu der Baustelle in der Stadt transportiert und montiert. Alles natürlich in Handarbeit oder mithilfe eines Ochsen- oder Pferdekarrens. Wenn man die mühsamen Arbeitsschritte genauer betrachtet, bekommt man ein Gefühl dafür wie lange der Bau eines Hauses zu dieser Zeit dauerte und wie viel Handarbeit es war. Das Waisenhaus wurde 1694 von der Gräfin Juliane Elisabeth von Waldeck (*1637, †1707) gestiftet und vom Stadtrat errichtet. Die Gräfin Juliane Elisabeth galt bereits zu Lebzeiten als eine Gräfin mit großem Herz (großer Mildtätigkeit). Sie ließ in ihrer Regentschaft zahlreiche Armenhäuser, Krankenhäuser und Waisenhäuser im ganzen Herzogtum errichten. Das Waisenhaus in Bad Wildungen ist eines der ältesten Waisenhäuser Hessens. Bis 1830 bot es Platz für bis zu 33 Waisen.
typische Werkzeuge zum Bau eines Fachwerkhauses: Breitbeil, Axt, Höhlaxt, Bohrer und Säge