Friedhofkirche
Rund um die Friedhofkirche liegen die Anfänge
von Balingen. Über die frühe Besiedlung der
Region ist kaum etwas bekannt. Ab dem 6.
Jahrhundert siedelten die Alemannen (auch
Alamannen geschrieben) in der Region. Die
Alemannen waren ein westgermanischer
Stamm.
Wahrscheinlich entstand damals an dieser
Stelle an einer Furt durch die Eyach eine erste
Bauernsiedlung – die Anfänge der heutigen
Stadt. Im Laufe des 7. und 8. Jahrhunderts
wurden die Alemannen christianisiert. Durch die
Christianisierung wurde irgendwann am
Rande des Ortes eine erste hölzerne Kirche
errichtet, ein Vorläufer der heutigen
Friedhofkirche.
Der älteste Teil der heutigen Friedhofkirche ist
der Turm, der laut der dendrochronologischen
Untersuchung der Hölzer (vgl. Station 1) um
1062 errichtet wurde. Damit ist die Kirche eine
der ältesten im süddeutschen Raum, auch
wenn sie erst 1255 erstmals urkundlich
erwähnt wurde. Mit der Verlegung des Dorfes
auf die andere Seite der Eyach und der
Stadterhebung blieb die Friedhofkirche bis 1516
die Pfarrkirche der Stadt – ab 1381 wird sie
auch als Unterkirche bezeichnet. Das gotische
Kirchenschiff und der Chorbereich stammen aus
der Zeit um 1350.
Zwar stand die Kirche vor den Toren der Stadt,
als Pfarrkirche hatte sie dennoch für die Bürger
eine herausragende Bedeutung. Im Mittelalter
und bis ins 19. Jahrhundert prägte die Kirche
stark den Alltag der Menschen. Im
Spätmittelalter und der Neuzeit kam es zu
großen Veränderungen in der Gesellschaft, viele
Bewohner flüchteten aus der Landknechtschaft
in die Städte, um hier ein freies Leben zu
führen. Dabei stießen sie natürlich immer
wieder auf neue Herausforderungen. Die
Priester und später evangelischen Pfarrer waren
wichtige Vertrauenspersonen, um nach Rat zu
fragen. Damit konnten die Bewohner sich den
Herausforderungen des „neuen“ Lebens besser
stellen.
Im Chorbereich der Kirche sind Hagioskope
erhalten, die heute zugemauert sind. Sie
stammen aus der Zeit des Kirchenbaus um
1350 und wurden auch Lepraspalten genannt.
Hier konnten Menschen mit damals unheilbaren
Krankheiten dem Gottesdienst lauschen, auch
wenn sie nicht in die Kirche durften.