Neues Rathaus

Das Dinkelsbühl des 17. bis 19. Jahrhunderts muss ein trostloser Ort gewesen sein. Die Stadt war nach den Wirren der Reformation und dem nachfolgenden Dreißigjährigen Krieg völlig verarmt und es gab tiefe Zerwürfnisse zwischen den evangelischen und katholischen Bürgern. Diese Meinungsverschiedenheiten betrafen auch den Stadtrat und das Gewerbe. Immer wieder musste sogar der deutsche Kaiser intervenieren – auch wenn seine Schlichtungsversuche meist scheiterten. Erst nachdem Dinkelsbühl seine Selbstständigkeit verlor und der Rat der Stadt ausgewechselt wurde, lösten sich nach und nach die innerstädtischen Probleme. Dennoch blieb die Stadt bis weit ins 20. Jahrhundert verschlafen, um die 20 Prozent der Bürger lebten unter der Armutsgrenze. Das Städtchen blieb bäuerlich geprägt, die Industrialisierung ging an Dinkelsbühl völlig vorbei. Nachdem Dinkelsbühl eine Kleinstadt in Bayern geworden war, brauchte die Stadtverwaltung nicht mehr so viel Platz. Das alte Rathaus (vgl. Station 4) war viel zu groß geworden. Daraufhin kaufte der Stadtrat das Gebäude. Ab 1855 diente es als „Neues Rathaus“. Der klassizistische Bau wurde 1790 als Bürgerpalais errichtet und zählte im 19. Jahrhundert zu den schönsten Gebäuden der Stadt. Das alte Rathaus hingegen war zu diesem Zeitpunkt in einem sehr heruntergekommenen Zustand. Rund um das Neue Rathaus sind die Gassen besonders verwinkelt und malerisch. Im späten 19. Jahrhundert konnte man Dinkelsbühl zwar noch nicht gut mit der Bahn erreichen, die Stadt war jedoch durch die Postkutsche angebunden. Nach und nach entdeckten Maler den Ort, einer der ersten war beispielsweise Carl Spitzweg, der vom verträumten Dinkelsbühl begeistert war. Ab 1890 kamen immer mehr Künstler aus dem fernen München. Sie waren von der mittelalterlichen Kulisse begeistert und verhalfen Dinkelsbühl mit seinen Gassen zu neuem Ruhm. Viele der damals entstandenen Bildmotive sind bis heute unverändert.