Marktstraße
Prächtige renaissancezeitliche Fachwerkhäuser
prägen den oberen Bereich der Marktstraße.
Sie entstanden nach dem schweren Stadtbrand
von 1540 und haben daher alle ein recht
ähnliches Alter. Auf den ersten Blick sehen die
Fachwerkhäuser der Marktstraße alle gleich
aus, erst bei genauerer Betrachtung entdeckt
man ganz unterschiedliche Details. Der Baustil
des Fachwerks zählt zu den vielfältigsten
überhaupt und ist leicht individualisierbar,
beispielsweise durch besondere Schnitzereien.
Dadurch kann der Bauherr seinem Fachwerkbau
eine eigene Note verleihen.
Man unterscheidet zwei unterschiedliche
Bauweisen:
Besonders im Hochmittelalter errichtete man
Fachwerkhäuser in der Ständerbauweise
(Geschossbau). Die Holzkonstruktion bestand
aus langen Balken, den Ständern, die von der
Schwelle bis zum Dachfirst reichten und damit
das ganze Haus trugen. Die Höhe des Hauses
war von der Länge der genutzten Balken
abhängig. Fand man keine großen Bäume im
Wald, konnte man das Haus nicht so hoch
bauen, wie eigentlich gewünscht. Der Hausbau
war also stark von den zur Verfügung
stehenden Bäumen bzw. Balken abhängig.
Um sich aus dieser Abhängigkeit zu lösen,
entwickelte man ab dem 15. Jahrhundert die
sogenannte Stockwerkbauweise (auch als
Rähmbauweise bezeichnet). Bei dieser Methode
wird jedes Stockwerk unabhängig von den
anderen Etagen errichtet, sodass ein Balken
immer nur über ein Stockwerk reicht, von der
unteren Schwelle zum oberen Rähm. Mit dieser
Neuerung konnten deutlich größere und
komplexere Fachwerkhäuser entstehen.
Zusätzlich entwickelte sich die sogenannte
vorkragende Bauweise, bei der die
darüberliegende Etage etwas größer ist. Die
Etagen ragen stufenweise in die Straße hinein.
Auf diese Weise hatte man in den oberen
Etagen etwas mehr Grundfläche und konnte
den kostbaren Platz innerhalb der Stadtmauer
ideal nutzen. Diese Bauweise hatte noch einen
weiteren Vorteil: das Regenwasser lief an der
Fassade entlang und tropfe von der Schwelle
des jeweiligen Geschosses auf den Boden – mit
etwas Abstand zur untersten Schwelle. Bei
überkragenden Etagen konnte man auf diese
Weise die Regenwassermenge, die auf die
unterste Schwelle traf, reduzieren.
Viele Fachwerkhäuser in Einbeck sind prächtig
und reich verziert. Aufgrund der Farbgebung
und der vielfältigen Muster kann es vielleicht
auch etwas erschlagend wirken. Bei genauerem
Hinsehen erkennt man aber ein paar Elemente,
die ganz typisch für das Einbecker Fachwerk
sind:
Füllhölzer mit Taubandverzierungen (seilartig
gedrehte Muster) und Perlstäben (aufgereihte
Perlen)
Fächerrosetten sind ein typisches renaissance-
zeitliches Element, das sich aus dem antiken
Muschelmotiv weiterentwickelt hat. Neben den
klassischen Halbrosetten kommen auch vollrunde
Rosetten oder Zwischenformen vor.
mit Taubändern verzierter (profilierter) Torbogen
Die senkrechten Ständer der Innen- und
Außenwände tragen die Lasten der
Holzkonstruktion. Sie sind immer ein Stockwerk
hoch und reichen von der Schwelle bis zum
jeweiligen horizontal aufliegenden Rähm .
Bei der Ständerbauweise reichen die Ständer
bis unter das Dach und bilden damit das
Grundgerüst des Hauses. Durch die Länge der
Bäume bzw. durch die Länge der Balken war die
Höhe des Hauses vorgegeben.