alte Bürgerhäuser
Durch die schweren Zerstörungen des Zweiten
Weltkriegs wurden etwa 80 Prozent der
mittelalterlichen und neuzeitlichen Altstadt
Emdens für immer vernichtet. Ein Großteil der
Altstadtgrachten wurden mit den Trümmern des
Krieges verfüllt und die Stadt erhielt ihr
heutiges, modernes Aussehen. Viele der
Altstadtstraßen werden von Nachkriegsbauten
geprägt, nur hier und da sind die Spuren des
alten Emdens erhalten und lassen erahnen, wie
die Stadt einst ausgesehen hat.
Die beiden Häuser „Osterstraße 74“ und vor
allem „Osterstraße 72“ zählen mit zu den
ältesten Wohnhäusern Emdens.
Das kleine Bürgerhaus „Osterstraße 72“ wird
offiziell als „spätes 19. Jahrhundert“
angegeben
2
. Betrachtet man das
Ziegelmauerwerk am Giebel, stellt sich die
Frage, ob diese Alterseinschätzung richtig ist
3
.
Es erscheint eher 300 Jahre älter.
Im 16. Jahrhundert wurden die Straßenzüge
von „Groß-Faldern“ für die calvinistischen
Glaubensflüchtlinge angelegt (vgl. Station 4)
und Emden wuchs deutlich nach Osten. Die
flüchtenden Niederländer flohen überhastet aus
ihrer Heimat und freuten sich auf die Aufnahme
in Emden. Um den neuankommenden Bürgern
Wohnraum zu bieten, entstanden damals ganze
Straßenzüge solcher kleiner Handels- und
Handwerkerhäuser. Was die genaue Geschichte
des kleinen Bürgerhauses ist, wird man
wahrscheinlich nie herausfinden. Die
Altersbestimmung eines Gebäudes ohne
adäquates Material wie beispielsweise alte
Dachstuhlbalken oder ähnliches ist kaum
möglich.
Nimm dir einen Moment Zeit und erkunde die
Architektur des Hauses.
2
Altersangabe laut Denkmalatlas Niedersachsen,
https://denkmalatlas.niedersachsen.de/viewer/piresolver?id=36374851, aufgerufen
am 24.07.2024
3
van Ravenswaay et al. (2014), S. 80
Osterstraße 74: Beitel-Mauerung [1] mit eckigen
Staffeln [2] und Mauerwerksankern [3]. Die
einachsigen Fenster [4] sind typisch für die
Bauzeit. Das Oberlicht über der Haustür ist
verziert [5].
Beitel-Mauerung mit eckigen Staffeln