Boltentorbrücke
Emden blickt auf eine lange und wechselvolle
Geschichte zurück. Mit der Reformation um
1520 kam es zu einer fast 200-jährigen Blüte
der Stadt, wodurch der Hafen zeitweise zu
einem der bedeutendsten in Europa wurde.
Emden und Ostfriesland waren mit dem Tod des
letzten Fürsten von Ostfriesland, Carl Edzard
(*1716, †1744) aus dem Hause Cirksena, an
Preußen gefallen. So besserte sich die
wirtschaftliche Lage Emdens deutlich und es
kam zu einem Aufblühen der Wirtschaft. Nach
den Wirren der Französischen Revolution
und den Schrecken der Napoleonischen Kriege
fiel Emden laut den Beschlüssen des Wiener
Kongresses im Jahr 1815 an das Königreich
Hannover. Dies führte zu einem wirtschaftlichen
Abschwung, zeitgleich verschlickte der Hafen
und konnte schlechter angefahren werden. Zu
dieser Zeit litt die Landwirtschaft in Ostfriesland
unter anderem unter der Agrarkrise von
1846/1847, die schlussendlich zur Revolution
von 1848/1849 führte. Vor allem die
Kartoffelfäule zerstörte die Ernte. Es kam zur
Verknappung und damit zu einem Einbruch des
Hafengeschäfts bzw. dem Export
landwirtschaftlicher Produkte.
Mit dem Ende der Hannoverschen Zeit 1866,
als Emden und das Hinterland wieder an
Preußen fielen, besserte sich die wirtschaftliche
Lage. Damals wurde die „Rückkehr“ nach
Preußen voller Euphorie aufgenommen. Schon
bald wurde der Hafen umfassend saniert,
ausgebaggert und erweitert. Unter dem
damaligen Bürgermeister Leo Fürbringer
(*1843, †1923, 1875 wurde er zum
Bürgermeister, ab 1877 Oberbürgermeister)
entwickelte sich Emden zu einer modernen
Hafen- und Industriestadt – noch heute spricht
man von der „Ära Fürbringer“. Durch den
Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde diese
wirtschaftliche Blütezeit jäh beendet.
Eine zweite, deutlich kürzere wirtschaftliche
Blütezeit wird in der Emder Stadtgeschichte
oftmals übersehen: die Zeit zwischen etwa
1923 und 1929. Im Spätherbst 1923 wurde die
Zeit der Hyperinflation durch die Einführung der
Rentenmark überwunden und die Wirtschaft
erholte sich wieder. Schon bald stiegen die
Exportzahlen des Hafens, was zu einem Zuzug
neuer Hafenarbeiter aus dem ländlichen
Ostfriesland führte. Angesichts der Erfahrungen
aus der gründerzeitlichen Wohnungsnot,
entwickelte sich in Emden, wie in ganz
Deutschland, die Idee des sozialen
Wohnungsbaus. Dies führte zu einer regen
Bautätigkeit. Es entstanden zahlreiche neue
Wohnquartiere rund um die damalige Stadt,
wodurch Emden deutlich über seine
mittelalterlichen Mauern hinauswuchs.
Die Architektur dieser Zeit brach mit den Ideen
des Historismus, welche durch die
mittelalterliche und neuzeitliche Architektur
geprägt war. Die Architekten der frühen 1920er
Jahre suchten nach einer „nüchterneren
Formensprache“, vor allem jedoch war der
Wunsch nach sozialer Bauweise groß. Die
Architekten dieser Zeit nutzten „neue“
Baustoffe wie Glas, Beton und Stahl, gepaart
mit innovativen Konzepten und Ideen der
Stadtentwicklung. Man wollte weg von den
gründerzeitlichen Mietskasernen des 19.
Jahrhunderts, die eng, dunkel und abweisend
waren. Stattdessen nutzte man Baustoffe, um
offene und freundliche Bauwerke zu schaffen,
die viel Licht hineinließen.
Einer der prägendsten Baustile Emdens dieser
Zeit ist der Backsteinexpressionismus (vgl.
Station 2). Ein besonders schönes Beispiel ist
der 1928 vollendete Brückenkiosk, der
zusammen mit der Boltenbrücke und den
Straßenlaternen ein beeindruckendes Ensemble
bildet. Besonders an dem Kiosk sind beim
genauen Hinschauen ganz unterschiedliche
Formen der Gestaltung zu erkennen.
Entdecke die Backsteinvielfalt des
Brückenkiosks.
Zickzackfries [1] und einfacher Fries [2] aus
flachen Ziegelsteinen am Architrav des Baus.
Sie sind aus Ziegelsteinen hergestellt, die daher
deutlich heller sind, als die Klinker [3] des
Unterbaus.
Salomonische Säulen aus Klinkern am
Brückenkiosk.
Ansicht des Brückenkiosks, auch als
Chinesentempel bezeichnet. Das spitze Dach gibt
dem Bau eine ganz eigene Note.
Die kunstvoll geschmiedeten Geländer des
Tempels sind typisch für die 1920er Jahre-
Architektur.
Die Laternen an der Brücke sind Unikate und
gehören zum Gesamt-Ensemble dazu.