Siedlung Behördenviertel
Die gründerzeitliche Wohnungsnot betraf nicht
nur weite Teile der Arbeiterschaft (vgl. Station
1), sondern auch viele Besserverdienende litten
unter der Enge der Stadt. Verursacht durch den
wirtschaftlichen Aufschwung dieser Zeit kam es
zu einem enormen Bevölkerungswachstum in
den Städten.
Um im 19. Jahrhundert dieser Wohnungsnot
Herr zu werden, entstanden vor den Toren der
mittelalterlichen Stadt große gründerzeitliche
Wohnsiedlungen. Damals hatte man jedoch
weniger die Lebensqualität der hier lebenden
Arbeiter im Sinn. Die Fabriken benötigten viele
Arbeiter und man wollte diesen möglichst
schnell Wohnraum anbieten und die akute
Wohnungsnot lindern. Vor der Zeit von
Gewerkschaften und Arbeiterschutz waren die
Arbeitsbedingungen in den Fabriken
katastrophal. Heutzutage würde man von
Ausbeutung sprechen. Die Wohnungen waren
nicht anders als die Bedingungen in den
Fabriken. Die großen Fabrikanten, die oftmals
die Bauherren der gründerzeitlichen Siedlungen
waren, hatten nur günstigen Wohnraum im
Sinn. Die Lebensverhältnisse in den
gründerzeitichen Siedlungen waren beengt. Die
Wohnungen waren meist völlig überbelegt, die
hygienischen Bedingungen katastrophal.
Badezimmer und Küchen, wie man sie heute
kennt, gab es kaum.
Im späten 19. Jahrhundert erkannte die Politik
diesen Missstand und wollte gegensteuern,
unter anderem durch das sogenannte
Genossenschaftsgesetz von 1889. Hierdurch
sollten genossenschaftlich Wohnungen und
Stadtquartiere entstehen, welche die Wünsche
der später dort lebenden Bürger
berücksichtigten.
Auf Initiative von einem Amtsrichter und einem
Eisenbahninspektor wurde im Jahr 1902 in
Emden beispielsweise der genossenschaftliche
Beamten-Bau- und Wohnungsverein gegründet.
Dies verdeutlicht, dass damals fast alle
gesellschaftlichen Schichten von der
Wohnungsnot betroffen waren. Ab Mitte der
1920er Jahre errichtete dieser
genossenschaftliche Wohnungsverein das
heutige Behördenviertel und gab ihm seinen
heutigen Namen. Hier lebten damals nur die
Bediensteten der Behörden in Emden.
Es ist ein weiteres Stadtviertel in Emden mit
typisch backsteinexpressionistischen
Wohnhäusern. Da dieser Bereich den Zweiten
Weltkrieg relativ unbeschadet überstanden hat,
ist der ursprüngliche Charakter des
Stadtviertels fast vollständig erhalten.