Neustadt

Schon bald nach der Verleihung des Stadt- und Marktrechts florierte die Wirtschaft in Eschwege. Vor allem durch den Handel mit Textilien und Lederwaren wurden die Eschweger Kaufleute reich und wohlhabend. Entlang der Werra gab es mehrere Gerbereien und Textilbetriebe, die das Wasser der Werra zur Herstellung ihrer Produkte nutzten. Bald war der Bereich innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauer viel zu eng. Im späten 13. Jahrhundert wurde daher die Stadt erweitert und es entstand die Eschweger Neustadt. Im Jahr 1306 wird sie erstmals urkundlich erwähnt – um 1400 war diese Stadterweiterung abgeschlossen. Rasch war der Bereich innerhalb der Neustadt durchgängig bebaut, vor allem weil immer mehr Menschen aus den umliegenden Dörfern nach Eschwege kamen. Im 13. und vor allem im 14. Jahrhundert veränderte sich viel in der mittelalterlichen Gesellschaft. Zahlreiche Bewohner flüchteten aus der Landknechtschaft in die Städte, um hier ein freies Leben zu führen. Bis heute hat sich das regelmäßige Straßenmuster der Planstadt erhalten. Mit der Stadterweiterung entwickelte sich Eschwege (nach Kassel) zur zweitgrößten Stadt Niederhessens. Sie war von großer wirtschaftlicher Bedeutung für den Landgrafen, der in die Stadt investierte. Zahlreiche Straßennamen der Neustadt weisen bis heute auf die hier ansässigen Handwerker hin, beispielsweise die Töpfergasse oder die Netergasse (hier lebten die Schneider). In der Mitte der Neustadt befinden sich der Neustädter Markt und die Neustadtskirche St. Katharina. In den mittelalterlichen Städten spielten Kirchen eine noch viel größere Rolle als heute. Sie waren die religiösen und vor allem gesellschaftlichen Zentren der Städte. In den Kirchen traf man sich nicht nur zum Gebet, sondern kam ins Gespräch, feierte und trauerte gemeinsam. Es war ein Ort, an dem sich reiche wie arme Bürger der Stadt begegneten. Gebetet wurde immer zusammen, auch wenn die verschiedenen Gesellschaftsschichten in der Kirche räumlich getrennt wurden: Auf den Kirchenbänken fand die Mittelschicht Platz. Die Oberschicht hatte oft eigene abseitsstehende Kirchenbänke. Die ärmsten Bürger mussten im hinteren Bereich der Kirche stehen. Die Neustädter Kirche wurde um 1520 fertiggestellt, wobei sicherlich Teile der Kirche bereits zu einem früheren Zeitpunkt genutzt wurden. Im Zuge der Reformation wurde die Kirche um 1527 evangelisch. Ihr heutiges Aussehen erhielt sie nach umfassenden Sanierungen im 19. Jahrhundert: zu dieser Zeit entstand beispielsweise der heutige Kirchturm. Direkt an der Kirche steht der sogenannte Blaue Stein. Wo er ursprünglich einmal gestanden hat, ist unbekannt. Der Basaltstein wurde im Jahr 1967 bei Bauarbeiten in der Nähe gefunden und hier aufgestellt. Ursprünglich kennzeichnete er den Platz eines mittelalterlichen Blutgerichts. Sehenswert ist auch das alte Pfarrhaus direkt am Platz.
„Blauer Stein“
Altes Pfarrhaus Die prächtigen Füllhölzer des farblich sonst eher unscheinbar wirkenden Hauses sind mit Zahnfries [1], Eierstäben [2] und Schiffskehlen [3] verziert.
Neustädter Kirche
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