Rund um die Rathausstraße
Die Kreuzung Rathausstraße - Holm / Große
Straße befindet sich etwa in der Mitte zwischen
dem Norder- und dem Südermarkt. Bis heute
gilt es als der „Mittelpunkt“ von Flensburg –
worauf auch eine Plakette am Boden hinweist.
In diesem Bereich lag ursprünglich der
Thingplatz von Flensburg, der mittelalterliche
Rats- und Versammlungsplatz. Die exakte Lage
ist bis heute ungeklärt. Das mittelalterliche
Flensburg hatte kaum 2.000 Einwohner, sodass
die Stadt damals kein Rathaus benötigte.
Stattdessen wurden Ratsversammlungen,
Gerichtsverhandlungen und andere Treffen der
Bürgerschaft unter freiem Himmel abgehalten.
Im Laufe des Mittelalters stieg die Bevölkerung
von Flensburg langsam an und erreichte im
Spätmittelalter etwa 3.000. Daraufhin
entschied man sich, nahe des Thingplatzes ein
Rathaus zu errichten, welches um 1445
fertiggestellt wurde. Es lag auf dem Grundstück
„Große Straße 1“ und war ein zweigeschossiger
Backsteinbau. Unter dem Dach war die Waffen-
oder Rüstkammer und im Untergeschoss gab es
einen Ratskeller.
Als die Bevölkerung von Flensburg im 19.
Jahrhundert im Zuge der Industrialisierung
kräftig anstieg, wurde das Rathaus zu klein.
Also verlegte man die Stadtverwaltung in ein
größeres Gebäude und riss anschließend das
mittelalterliche Rathaus ab.
Es zeigt, dass man vor etwa 150 Jahren mit
dem baulichen Erbe noch völlig anders
umgegangen ist. Damit verlor die Stadt
bedauerlicherweise eines ihrer bedeutendsten
Bauwerke. Heute stehen an der Stelle des
Rathauses andere Gebäude, sodass an eine
Rekonstruktion nicht mehr zu denken ist. Der
Straßenname „Rathausstraße“ erinnert noch an
diese Zeit.
Trotz dieses baulichen Verlusts sind rund um
die Rathausstraße zahlreiche Bauwerke
unterschiedlicher Epochen erhalten, vor allem
in der Großen Straße. Die Große Straße, eine
Verlängerung des Holms, war jahrhundertelang
die wichtigste Handelsstraße Flensburgs. Die
Häuser auf den beiden Seiten der Straße
unterscheiden sich in Aussehen und Größe:
früher sprach man auch von der Groschen- und
5-Pfennig-Seite.
Auf der Straßenseite, die zur Förde zeigte,
entstanden große Handelshäuser mit vielen
Hinterhöfen und Gebäuden. Diese reichten bis
an die Förde, wo der Flensburger Hafen lag.
Diese Straßenseite wurde auch die
Groschenseite genannt. Auf der anderen
Straßenseite standen die deutlich kleineren und
bescheideneren Häuser der Handwerker,
Stadtbauern, Fuhrleute und kleineren Händlern.
Daher erhielt diese Straßenseite auch den
Spitznamen 5-Pfennig-Seite.
vereinfachter Stadtplan Flensburgs um 1550 mit
Grundstücken , Bebauung , Kirchen / Kloster/
Burg , Rathaus , Stadtmauer , Palisaden
und Wallanlagen .
Grafik in Anlehnung an: Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte 1966