Toosbüystraße / jüdische

Geschichte

Die Toosbüystraße ist nach dem ehemaligen Flensburger Bürgermeister Wilhelm Toosbüy (*1831, †1898) benannt. Während seiner Amtszeit hat sich die Bevölkerungszahl mehr als verdoppelt. Im Jahr 1867 hatte Flensburg etwa 22.000 Einwohner, im Jahr 1901 waren es etwa 50.000. Die vielen neuen Bewohner der Stadt mussten irgendwo wohnen, weshalb viele neue Häuser im gründerzeitlichen Stil errichtet wurden, beispielsweise entlang der Toosbüystraße. In einem Hinterhaus in der Toosbüystraße 7 befindet sich seit dem Jahr 2004 das jüdische Gemeindehaus und ein Betsaal. Da die jüdische Gemeinde bis heute und auch in der Vergangenheit zu klein war, gab es in Flensburg nie eine Synagoge. Die jüdische Geschichte Flensburgs reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück. Jüdisches Leben in Flensburg war bis zu den Schrecken des Nationalsozialismus auch von Ausgrenzung und antijüdischer Politik geprägt. Besonders der Rat von Flensburg wehrte sich jahrzehntelang erfolgreich gegen die Ansiedlung jüdischer Bürger in der Stadt. Das Verhältnis zu den jüdischen Bürgern war immer von Feindseligkeit geprägt. Es ist ein seltenes Beispiel einer sehr negativen Einstellung der Bürger gegenüber der jüdischen Bevölkerung. In der Geschichte Flensburg lebten kaum mehr als 100 jüdische Bürger gleichzeitig in der Stadt, was weniger als 0,5 % der Bevölkerung entsprach. Trotz der geringen Anzahl jüdischer Bürger wurde gegen sie gehetzt und dieser kleinen Minderheit oft die Schuld (beispielsweise für wirtschaftlichen Misserfolg) in die Schuhe geschoben. Der Flensburger Bürgermeister Georg Claeden (im Amt von 1742-1781) schrieb einst: „Es ist eine von etlichen hundert Jahren herbei- gebrachte Gewohnheit, daß 1. in der Stadt Flensburg keine Juden wohnen und 2. außerhalb der Markttage kein Jude sich über drei Tage in der Stadt aufhalten darf.“ 1 Es zeigt die damalige Einstellung des Rates und des Bürgermeisters von Flensburg. Bis ins 19. Jahrhundert war es jüdischen Bürgern entweder untersagt sich in der Stadt nieder- zulassen oder es wurde ihnen schwer gemacht. Im Jahr 1809 wurde es zwei Kaufleuten, Levin Rotschild und Michael Jonas erstmals erlaubt, in Flensburg als Bürger jüdischen Glaubens ein Geschäft zu eröffnen. Im Jahr 1822 verließ Levin Rotschild Flensburg wieder, sodass ab dann für Jahrzehnte nur eine jüdische Familie in der Stadt lebte. Erst im späten 19. Jahrhundert umfasste die jüdische Gemeinde etwas mehr als 100 Mitglieder. Zu dieser Zeit hatte Flensburg etwas mehr als 20.000 Einwohner. Flensburg war in der Gründerzeit, als sich viele jüdische Gemeinden in Deutschland bildeten, für jüdische Bürger vergleichsweise unattraktiv – unter anderem wahrscheinlich auch aufgrund der antijüdischen Geschichte. Die Stadt lag abseits der großen Metropolen und war nicht Teil des Heiligen Römischen Reiches. Außerdem gab es vergleichsweise wenig Textilindustrie und Viehhandel, dies waren damals wichtige Berufsfelder für die jüdische Bevölkerung. Während der Weimarer Republik nahmen die Übergriffe auf die wenigen jüdischen Bürger erheblich zu und der Antisemitismus zeigte sich immer deutlicher. Zu dieser Zeit kamen einige jüdische Familien aus Osteuropa, wo sie damals bereits vertrieben wurden. Mit der Macht- übernahme durch die Nationalsozialisten kam es bereits 1933 zu ersten Boykottaufrufen in Flensburg, die wenigen jüdischen Geschäfte zu meiden. Sie wurden beim Novemberpogrom von 1938 zerstört. Damit endete die Geschichte jüdischen Lebens in Flensburg. Manche der jüdischen Bürger aus Flensburg konnten vor der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten fliehen, 42 Menschen wurden in den Konzentrationslagern ermordet. Auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs tat sich Flensburg mit der Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus schwer. Erst in den 1980er Jahren begann eine Aufarbeitung dieser Zeit. Es entwickelte sich eine Erinnerungskultur und erste Ausstellungen thematisierten die jüdische Geschichte der Stadt.

Elisabeth Oschatz Dethleffsen (*1895, †1987)

war die Tochter eines Flensburger Kaufmanns.

Sie studierte Medizin, promovierte und war die

erste Ärztin in Flensburg. In ihrer

Hausarztpraxis behandelte sie auch zahlreiche

jüdische Patienten. Während der NS-Zeit half

sie ihren politisch verfolgten Patienten, indem

sie ihnen beispielsweise Ausreisepapiere nach

Palästina beschaffte oder sie nach Dänemark

brachte. Seit 1997 ist nach ihr eine Straße in

Flensburg benannt.

1 wie zitiert in Goldberg und Philipsen (2022), S. 10