Mit der Ausweisung aller jüdischen Bürger im späten 15. Jahrhundert endete die Geschichte der mittelalterlichen jüdischen Gemeinde (vgl. Station 5). Die Aversionen gegenüber den jüdisch gläubigen Menschen bzw. der Antisemitismus verstärkte sich mit der im 16. Jahrhundert einsetzenden Reformation. Da es zu dieser Zeit keine jüdischen Bürger in Göttingen gab, kam es in der Stadt zu keinerlei Übergriffen. Dennoch blieb die Bevölkerung antisemitisch eingestellt. Als erste jüdische Bürger im späten 17. Jahrhundert wieder nach Göttingen zurückkehrten, wurden sie daher nicht mit offenen Armen empfangen, sondern mit Argwohn beäugt. Um geduldet zu werden, mussten die jüdischen Bürger regelmäßig Schutzbriefe vom Landesherrn erwerben, um in der Stadt leben zu dürfen. Diese teuren Schutzbriefe hatten immer nur eine begrenzte Gültigkeit von wenigen Jahren oder mussten sogar jährlich erneuert und teuer bezahlt werden. Auch im Laufe des 18. Jahrhunderts lebten nur wenige jüdische Familien in Göttingen, denn das Klima in der Stadt blieb ihnen gegenüber feindlich. Wann eine erste neuzeitliche Synagoge entstand, ist unklar. Um 1729 wird eine Synagoge bzw. ein Betraum in der heutigen Prinzenstraße 17 erwähnt. Es war jedoch keine prächtige, alleinstehende Synagoge, sondern ein Betraum in einem unscheinbaren, versteckten Hinterhaus (Hinterhof-Synagoge). Damals war es der jüdischen Bevölkerung verboten, ihre Gotteshäuser offen zu zeigen.Im späten 18. Jahrhundert mehrten sich die Beschwerden der Göttinger Kaufleute über die jüdische Bevölkerung, sodass es um 1796/1797 zu einer erneuten Ausweisung aller jüdischer Bürger – mit Ausnahme von drei Schutzjuden-Familien - kam. Anschließend lebten nur noch etwa 20 jüdische Bürger in Göttingen. Dieses Schicksal, nie in der Göttinger Stadtgesellschaft akzeptiert zu werden, zieht sich durch die gesamte Geschichte Göttingens. Um 1826 drohte zusätzlich der Verlust der Synagoge aufgrund ausstehender Synagogengebühren. Nur durch eine Finanzspritze eines in Nörten-Hardenberg lebenden Juden konnte dies verhindert werden. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts war es wieder mehr jüdischen Familien erlaubt, sich in der Stadt niederzulassen. Daraufhin entstand wieder eine kleine jüdische Gemeinde. Um 1842 waren es gerade einmal 54 jüdische Bürger. Als die Hinterhof-Synagoge um 1867 marode geworden war und kaum mehr genutzt werden konnte, wollte die jüdische Gemeinde dort einen Neubau errichten. Dies wurde von der Stadt zunächst pauschal verboten. Also erwarb die jüdische Gemeinde das Grundstück an der Ecke Obere-Masch-Straße / Untere-Masch-Straße, um eine Synagoge zu errichten. Auch dieses wurde zunächst vom Göttinger Stadtrat verhindert. Erst als die höhere Stelle aus Hildesheim intervenierte, wurde eine Erlaubnis erteilt, die Synagoge zu errichten – sie wurde 1872 eingeweiht. Damit änderte sich die Einstellung der Bürger jedoch kaum, es kam weiterhin zu teils gewalttätigen Übergriffen auf die jüdische Bevölkerung. Bei der Reichstagswahl von 1893 kam die antisemitische Reformpartei in Göttingen auf 13 Prozent. Das war, verglichen mit dem Wahlergebnis von zwei Prozent in der übrigen Provinz Hannover, recht hoch. Trotz des Antisemitismus wuchs die jüdische Gemeinde, sodass es vor 1895 zu einer Erweiterung der Synagoge kam, was einem Neubau glich.Im Laufe des frühen 20. Jahrhunderts nahm der Antisemitismus deutlich zu, besonders nach dem Ersten Weltkrieg ab etwa 1918. Damals wurde offen gegen die jüdische Bevölkerung gehetzt, auch in der örtlichen Presse. Besonders an der Universität herrschte in den 1920er Jahren eine antisemitische Haltung, unter anderem gründeten sich zahlreiche antisemitische Studentenverbindungen. Es kam zu ersten Aufrufen zum Boykott jüdischer Händler und Übergriffen. Der Nährboden für den Hass des Dritten Reiches war gelegt. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 entwickelte sich für die jüdische Bevölkerung ein Klima der Angst. Während der November-Pogrome von 1938 wurde die Synagoge in Brand gesetzt. Außerdem wurden etliche Geschäfte und Privathäuser der jüdischen Bürger verwüstet und zerstört. Niemand stand damals der jüdischen Bevölkerung bei, stattdessen wurde immer stärker gegen sie gehetzt. Auch die christlichen Kirchen schwiegen zumeist zu den Gräueltaten der Nationalsozialisten. Nach den Schrecken der Novemberpogrome nahm die Gewalt gegenüber der jüdischen Gemeinde deutlich zu. Bis 1942 wurden die meisten Göttinger Juden in eines der Konzentrationslager deportiert und ermordet. Damit wurde die neuzeitliche und gründerzeitliche jüdische Geschichte Göttingens auf schrecklichste Weise beendet.Im Jahr 1973 wurde das Mahnmal für die zerstörte Synagoge eingeweiht. Die Form erinnert an einen Davidstern. Eine Gedenktafel mit den Namen der 282 deportierten Juden aus der Stadt und dem Landkreis erinnert an ihr Schicksal. Gerade in der heutigen Zeit wird das Erinnern an die schrecklichen Verbrechen des Nationalsozialismus immer bedeutender.
ungefähre Lage der Synagoge mit Erweiterungsbau
Mahnmal für die zerstörte Synagoge - Blick von unten nach oben