jüdische Geschichte
Schon Mitte des 14. Jahrhunderts gab es erste
jüdische Bewohner in Haigerloch. Um 1348
kam es im Zuge der deutschlandweit
auftretenden Pestpogrome zu ersten
Überfällen auf die Gemeinde.
Dies war das Schicksal der Juden im Heiligen
Römischen Reich: sie wurden immer
ausgegrenzt und als Bürger zweiter Klasse
behandelt, auch wenn sie Haigerlocher waren
und fleißig ihre Steuern und Abgaben zahlten.
Es zeigt, wie tief der Antisemitismus verwurzelt
ist und wie lange schon jüdische Bürger
systematisch ausgegrenzt wurden und zwar
nicht nur durch den Staat, sondern auch gezielt
auch durch die christlichen Kirchen.
Im Spätmittelalter am Übergang zur Neuzeit
kam es zum sogenannten Judenregal. Unter
dem Deckmantel des Schutzes wurden die
jüdischen Bürger vom jeweiligen Landesherrn
als „herrschaftliche Melkkuh“ willkürlich
ausgebeutet und mussten zu ihrer Duldung
hohe Abgaben zahlen. In Haigerloch sind
zahlreiche sogenannte Schutzbriefe, die
jüdisches Leben schützen sollten, bis heute
dokumentiert. Diese Schutzbriefe mussten
gegen entsprechende Abgaben / Gebühr
regelmäßig (zeitweise jährlich) verlängert
werden und sicherten so dem jeweiligen
Stadtherrn ein gutes, zusätzliches Einkommen.
Der Schutz der jüdischen Bürger war also auch
mit eigenen, finanziellen Interessen des
jeweiligen Grafens verbunden. Der älteste
erhaltene Schutzbrief stammt aus dem Jahr
1534.
Ab dem 16. Jahrhundert wuchs die jüdische
Gemeinde rasch an. Damals wurden jüdische
Bürger aus vielen der umgebenden Territorien
des Heiligen Römischen Reiches vertrieben und
kamen nach Haigerloch, wo sie „willkommen“
waren.
Im späten 16. Jahrhundert entstand das
jüdische Wohnviertel „Haag“. Der damalige
Stadtherr Karl Friedrich von Hohenzollern-
Sigmaringen wies den jüdischen Bürgern das
vorher fast unbewohnte Gartengebiet
(Allmende) Haag zu. Daraufhin bildete sich
hier ein eigenes jüdisches Stadtviertel, welches
zu großen Teilen bis heute erhalten ist.
Das Wohngebiet „Haag“ wurde zu einer Art
„Ghetto“, auch wenn es keinerlei
Zutrittsverbote gab. Dennoch war das
gesellschaftliche Zusammenleben der
christlichen und jüdischen Bürger keinesfalls
immer reibungslos. Immer wieder gab es
Anfeindungen und Neid, den jüdischen
Geldverleihern wurde „Wucher“ vorgeworfen
und es entstanden Spannungen innerhalb der
Stadt. Im Laufe des 19. und vor allem im
frühen 20. Jahrhundert nahmen die
Anfeindungen gegenüber der jüdischen
Gemeinde deutlich zu.
Durch die Machtübernahme durch die National-
sozialisten änderte sich für die jüdische
Gemeinde alles. Während der November
pogrome von 1938 wurde die Synagoge
verwüstet und die Rechte der jüdischen
Bevölkerung wurden deutlich eingeschränkt.
Manche der jüdischen Bürger flohen daraufhin
ins Ausland. Dennoch wurden in den Jahren
1941 und 1942 mindestens 280 jüdische
Bürger aus Haigerloch in die Konzentrations-
lager im Osten deportiert und dort ermordet.
Das jüdische Eigentum wurde an die Bewohner
der Stadt verkauft: eine über 600-jährige
jüdische Geschichte in Haigerloch wurde
vernichtet. Bis heute sind zumindest viele der
Gebäude des „Haag“ erhalten und damit stille
Zeugen der bedeutenden jüdischen Geschichte
von Haigerloch.
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war es den jüdi-
schen Bürgern in Haigerloch untersagt, Grund
und Boden zu erwerben. Außerdem waren sie
von den Zünften ausgeschlossen, sodass sie
kein Handwerk erlernen konnten. Aus diesem
Grund waren nur wenige von ihnen Metzger
oder Bäcker. Stattdessen lebten sie vom
Handel, dem Geldverleihen oder als Kaufleute.
Viele von ihnen werden in ärmlichen
Verhältnissen gelebt haben.