Klosterkirche St. Annen
Bei der Stadtgründung und viele Jahrzehnte
danach hatte Kamenz keine Klosteranlage.
Auch nach dem Beitritt der Stadt zum
Oberlausitzer Sechsstädtebund (1346) ließ sich
kein Orden in der Stadt nieder. Die Gründe
dafür sind bis heute unklar.
Um das Jahr 1492 gründete der Orden der
Franziskaner ein Kloster in der Stadt. Die
Kirche und die Klosteranlage wurden um 1499
fertiggestellt. Zu dieser Zeit bestand die
Stadtmauer bereits seit Jahrzehnten und der
Platz innerhalb des Mauerrings war begrenzt.
Der Orden errichtete das Kloster also vor der
Stadtmauer. Zunächst gab es keinen direkten
Zugang vom Kloster in die Stadt, sie mussten
eines der drei Stadttore nutzen. Erst später
erlaubte der Stadtrat, den Mönchen ein Tor in
die Stadtmauer zu bauen – das heute noch
erhaltene Klostertor. Es wurde um 1770 zu
einem Wohnhaus umgebaut.
Im Jahr 1507 wurde die Stadtmauer erweitert
und die heute als Mönchsmauer bezeichnete
Befestigungsanlage errichtet.
Nach der Reformation wurde das Kloster
aufgelöst und die Klosterkirche von den
evangelischen Sorben als Gotteshaus genutzt.
Während des schweren Stadtbrands von 1842
wurden die Klosterbauten vollständig zerstört,
nur die Kirche St. Annen konnte gerettet
werden und ist heute das letzte Zeugnis des
einstigen Klosters.
Die Sorben sind eine alteingesessene ethnische
Minderheit in der Oberlausitz. Seit dem 6.
Jahrhundert wird die Region von diesem
slawischen Volksstamm besiedelt. Die
Bevölkerungsgruppe wird auf etwa 60.000
geschätzt. Sprachlich unterscheidet man
zwischen Obersorbisch (Oberlausitz rund um
Bautzen) und Niedersorbisch (rund um
Cottbus). Nach der Reformation im frühen 16.
Jahrhundert kam es auch in den Kirchen der
Sorben zur Reformation, sodass es heute
katholische und evangelische sorbische Kirchen
gibt. Bedeutende für die evangelischen Sorben
war die Übersetzung der gesamten Bibel in die
sorbische Sprache.
Bis heute zählt die Klosterkirche St. Annen zu
den schönsten Sakralbauten der Oberlausitz
und beeindruckt insbesondere durch den schön
gestalteten Backsteingiebel mit Ziegelblenden.
In der Kirche findet man heute das
Sakralmuseum. Hier werden zahlreiche sehr
sehenswerte Altäre des frühen 16.
Jahrhunderts ausgestellt.
Mönchsmauer
Foto: PaulT (Gunther Tschuch)
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:KM_Moenchsmauer.jpg),
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode
alte Ansicht der Klosterkirche St. Annen um 1499
heutiges Klostertor
Möglicher Verlauf der Stadtmauer im 15. Jh.
[gestrichelt] mit Klosterareal [gelb] und
Klostertor [1]. Später wurde die Stadtmauer
erweitert [2].