Kiesbänke im Lech

Die Schotterflächen des Lechs verändern sich im Laufe eines Jahres stetig, sie bewegen sich langsam flussabwärts. Dadurch transportiert der Lech im Jahr mehr als 100.000 Kubikmeter Kieselsteine. Das ist die ungeheure Menge von 20.000 Lastwagenladungen. Aneinander gereiht würden 20.000 Lastwagen eine Strecke von 500 km ergeben. Diese ganzen Kieselsteine kommen aus dem Einzugsgebiet des Lechs (Lech und seine Nebenflüsse). Die Gesteine, welche in diesem großen Einzugsgebiet vorkommen, sind keinesfalls alle gleich, sondern ganz unterschiedlich. Damit sind auch die Kiesel des Lechs genau so vielfältig und farbenfroh, wie die Gesteine, welche über Jahrmillionen durch Wind und Wetter zersetzt wurden (verwitterten), um die Kieselsteine zu formen. Das Lechtal bildet die natürliche Grenze zwischen den nördlich gelegenen Allgäuer Alpen und den südlich anschließenden Lechtaler Alpen. Beide Gebirgszüge werden durch die Gesteine des sogenannten Hauptdolomits gebildet. Der Dolomit ist ein Kalkstein, der zu mindestens 90 Prozent aus dem Mineral Dolomit besteht, welches die chemische Formel CaMg(CO 3 ) hat, also ein magnesiumreicher Kalkstein ist. Dolomitgestein hat eine elfenbeinfarbene, hellgraue, graugelbe oder grüngraue Farbe und wird daher auch gerne als "dreckiger Kalkstein" bezeichnet. Weil große Teile der Allgäuer und Lechtaler Alpen genau aus diesem Dolomit bestehen, nennt man diese Gesteinseinheit auch Hauptdolomit. Das kalkhaltige Gestein des Hauptdolomits wurde in der geologischen Zeit der Obertrias (vor ca. 230–200 Mio. Jahren) gebildet. Abgelagert wurde es in einem flachen tropischen Meer mit großen Lagunen, welches sich deutlich weiter südlich befand. Die Gesteine wurden erst mit der Alpenauffaltung nach Norden an diese Stelle geschoben und damit zu den heutigen Bergen aufgefaltet. Bei der Alpenfaltung zirkulierte in den Kalksteinen teils heißes Wasser, welches Minerale löste und an anderer Stelle wieder ablagerte. Durch diesen Vorgang wurden manche Gesteinslagen verfärbt und erscheinen in rötlichen, grünlichen und schwarzen Farbtönen. In dem Hauptdolomit kann man trotz der Alpenfaltung bis heute Fossilien (Versteinerungen) längst ausgestorbener Meerestiere finden, beispielsweise versteinerte Korallen, Muscheln, Schwämme, Seeigel und andere Bewohner tropischer Flachwasser- bereiche. Weil der Kies im Lech aus diesen Gesteinen gebildet wurde, kann man auch im Lech-Schotter mit viel Glück Fossilien entdecken. Eine Sensation war der Fund eines versteinerten Fischsauriers im Lechtal, ein Anzeichen für ein vielfältiges Ökosystem zu der damaligen Zeit.
Abbruchkante entlang einer Kiesbank
Vor circa 240 Millionen Jahren sah es hier noch völlig anders aus. Ein großes, flaches Meer lag zwischen den damaligen Kontinenten. Ausgedehnte Korallenriffe bedeckten den Meeresboden dieses flachen Ozeans, ähnlich dem heutigen Great Barrier Reef vor Australien. Es wimmelte vor Leben am Meeresboden. Dieses Meer, welches als Tethys bekannt ist, öffnete sich weiter und hatte zwischenzeitlich eine Breite von bis zu 3000 km. In der mittleren Kreide (vor etwa 100 Millionen Jahren) begann sich dieser Ozean zu schließen. Die beiden Ur-Kontinente Afrika und Eurasien begannen sich aufeinander zuzubewegen. In den folgenden 50 Millionen Jahren verschwand der Ozean. Vor etwa 35 Millionen Jahren erreichte die Auffaltung ihren Höhepunkt und schuf die Alpen, wie wir sie heute kennen. Noch heute ist die Faltung nicht abgeschlossen.