Montabaur blickt auf eine lange jüdische Geschichte zurück. Im frühen 14. Jahrhundert bildete sich eine erste, kleine jüdische Gemeinde. Um das Jahr 1333 wird ein jüdischer Geldverleiher erstmals erwähnt. Schon bald kam es zu einem ersten Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung: die sogenannte Armledererhebung, welche in Franken begann. Damals hetzten die Bauern und die städtische Unterschicht gegen die jüdischen Mitbürger. Getrieben war dieser Hass von Neid und Missgunst, denn schon damals waren viele jüdische Bürger erfolgreiche Händler mit großem Verhandlungsgeschick. Wenige Jahre später, um 1349/1350, kam es in Montabaur zum Pestpogrom. Alle Juden wurden gewaltsam aus der Stadt und dem trierischen Erzbistum vertrieben. Viele verloren ihr Leben1.Wenige Jahre nach dem Pestpogrom kehrten einige jüdische Bürger zurück nach Montabaur. Obwohl sie weiterhin eine verschwindend kleine Minderheit waren, schlug noch immer Argwohn und Missgunst entgegen. Im Jahr 1418 wurden jüdische Bürger erneut des trierischen Erzbistums verwiesen, diesmal für fast 80 Jahre. Es zeigt, wie die jüdischen Bürger seit Jahrhunderten ausgegrenzt und als Bürger zweiter Klasse behandelt wurden – so wie in Montabaur war es in vielen deutschen Regionen im Heiligen Römischen Reich.Nach dem Ende des Banns kehrten einige jüdische Bürger zurück nach Montabaur. Um „geduldet“ zu werden, mussten sie hohe Steuern und Abgaben leisten. Dieses System wurde als Judenregal bezeichnet. Erst im frühen 19. Jahrhundert wurden diese diskriminierenden Bestimmungen gelockert und fielen um 1850 endlich weg. Ob es bereits im Mittelalter eine jüdische Synagoge oder einen Betsaal gab, ist unbekannt und aufgrund der damals kleinen Gemeinde eher unwahrscheinlich. Ein erster jüdischer Betsaal wird 1691 an der Kirchgasse erwähnt. Nachdem es immer wieder zu Streit mit den christlichen Nachbarn kam, wurde der Betsaal 1780 an den Vorderen Rebstock verlegt: in das Fachwerkhaus mit der Hausnummer 26. Mit der Verlegung zogen nach und nach immer mehr jüdische Bürger in diesen Stadtbereich – es gab in Montabaur trotz der Repressalien nie ein jüdisches Ghetto.Als die jüdische Gemeinde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs, wurde der Betsaal bald zu klein. Also holte sich die Gemeinde die Erlaubnis ein, in der Wallstraße eine Synagoge zu errichten, 1889 wurde sie eingeweiht. Um 1900 waren die jüdischen Bürger in Montabaur gut integriert und ein wichtiger Teil der Gesellschaft. Nur etwa 30 Jahre später sollte sich dies völlig verändern. Auch wenn die jüdischen Bürger Mitte der 1920er Jahre nur etwa 1,5% der Bevölkerung ausmachten, nahmen die Spannungen zu. Damals hatte man eine schutzlose Minderheit gefunden, die man als Sündenbock für die damalige wirtschaftlich missliche Lage Ende der 1920er Jahre verantwortlich machte. Der Frust der Bevölkerung über den wirtschaftlichen Abschwung während der Weimarer Republik und die Weltwirtschaftskrise von 1929 bildeten den Nährboden des NS-Regimes. Ab 1933 nahm der Hass gegenüber den Juden auch in Montabaur deutlich zu, es kam zum Boykott jüdischer Geschäfte und zu ersten tätlichen Übergriffen. Mit den November-pogromen von 1938 wurde der staatliche Terror deutlich ausgeweitet. Damals wurde auch die Synagoge in der Wallstraße in Brand gesetzt. Wenige Jahre später wurde die Brandruine abgetragen. Nach dem Pogrom flohen viele jüdische Bürger von Montabaur ins Ausland. Rund 25 Menschen wurden in den Konzentrationslagern ermordet. Mit den Vorgängen von 1938 wurde die lange jüdische Geschichte in Montabaur jäh beendet und viele Zeugnisse jüdischen Lebens verschwanden für immer aus dem Stadtbild. Heute ist der ehemalige Betsaal am Rebstock ein wichtiger Gedenkort für die jüdische Geschichte und das Schicksal der jüdischen Bevölkerung in der Stadt.
1 Erster jüdischer Betsaal in der Kirchgasse (genaue Lage unklar) 2 Verlegung des Betsaals (1780) in den „Vorderen Rebstock“3 Synagoge (1889) in der Wallstraße