Gerberviertel

Zwischen der heutigen Kuttelgasse und dem Entenbühl lag im Mittelalter das Stadtviertel der Gerber. Bis heute sind manche der engen und verwinkelten Gassen des mittelalterlichen Gerberviertels erhalten. Die Lohgerberei zählt zu den ältesten Zünften Mühlhausens und wurde bereits 1297 erstmals im Stadtbuch erwähnt. Der Beruf des Lohgerbers ist heutzutage kaum mehr zu finden. Es ist eine spezielle Art des Gerbens, bei der das Leder sehr dick wird und damit besonders widerstandsfähig und wasserundurchlässig. Mit diesem Leder stellte man beispielsweise Sättel, Stiefel oder Schuhsohlen her.
Im Mittelalter und der Neuzeit gab es grundsätzlich drei verschiedene Gerbverfahren: I. Die Rot- oder Lohgerber stellten aus Tierhäuten dicke Ledersorten her. Diese wurden für Sättel, Schuhe, Schuhsohlen oder Zaumzeug genutzt. Die Tierhaut bearbeitete man mit Laugen aus gemahlener Eichenrinde. II. Die Weißgerberei nutzte die Salzgerbung mit Alaun. Alaun ist ein Salz aus Kalium und Aluminium. Mit diesem Verfahren stellten sie aus Kalbs-, Schafs- oder Ziegenhaut dünnere und damit edlere Lederarten her. III. Die Sämischgerberei verwendete Fett oder Tran, um wasserfestes Leder herzustellen. Am Ende des Gerbprozesses wurde das Leder gewaschen, um die Gerbstoffe aus dem Leder zu spülen und den Gerbprozess zu beenden. Anschließend wurden die gegerbten Lederstücke in der Sonne getrocknet. Leder ist ein sehr haltbares Material und verrottet nicht, daher waren gegerbte Produkte im Mittelalter unverzichtbar. Allerdings waren die Gerber nicht gerne gesehen. Das Auswaschen verunreinigte den Fluss und die trocknenden Lederstücke verbreiteten einen penetranten Gestank.