Stadtmauer

Die Anfänge der Stadtmauer von Mühlhausen liegen bis heute weitestgehend im Dunkeln. Insgesamt gab es zwei Stadtmauerringe und eine Landwehr, die das Territorium der Reichsstadt Mühlhausen schützte. In der älteren Literatur ging man davon aus, dass die innere Stadtmauer ab etwa 1170 errichtet wurde. Bisher gibt es für dieses sehr frühe Datum keinerlei historische oder archäologische Nachweise. Heutzutage geht man davon aus, dass die innere Mauer zwischen 1200 und 1250 errichtet wurde; 1252 wurde diese Stadtmauer erstmals urkundlich erwähnt. Es ist ein schönes Beispiel dafür, wie schwierig es heutzutage ist, das Baudatum eines mittelalterlichen Gebäudes genau zu bestimmen. Das Jahr 1200 ist nun schon über 800 Jahre her, seitdem ist viel passiert. Um 1200 sah Deutschland noch völlig anders aus. Die wenigsten konnten besonders gut lesen oder schreiben – es gab außerdem kaum Bücher. Zudem wurden bei weitem noch nicht so viele Ereignisse schriftlich festgehalten. Außerdem kam es seit dieser Zeit immer wieder zu Krieg und Zerstörung – und mehrfach zu verheerenden Stadtbränden. Im Laufe der Zeit sind sicherlich Archivunterlagen verloren gegangen, sodass das heutige Material Lücken aufweist. Daher ist es schon erstaunlich, wie detailliert man letztlich bis heute die Baugeschichte beispielsweise der Mühlhäuser Stadtmauer kennt. Die innere Stadtmauer hatte ursprünglich eine Länge von 2,8 Kilometer, davon sind noch 2,2 Kilometer erhalten. Errichtet wurde die Mauer aus dem Mühlhäuser Travertin, den du bereits an der Kirche St. Marien kennengelernt hast (vgl. Station 2). Rund um die Mauer verlief ein hölzerner Wehrgang, der in Teilen rekonstruiert wurde. Die innere Stadtmauer hatte 38 Türme und war damit eine sehr wehrhafte Befestigungsanlage. Ab dem 14. Jahrhundert schützte eine einfache Befestigung aus Lehm und Flechtwerk eine deutlich größere Fläche, die Anfänge der äußeren Stadtmauer. Ab dem frühen 15. Jahrhundert wurde die Befestigungsanlage deutlich verstärkt und es entstand eine etwa 5,6 Kilometer lange Steinmauer. Der neue Stadtbereich zwischen innerer und äußerer Mauer wurde jedoch nie vollständig besiedelt. Vor der inneren Stadtmauer lagen Wälle und Gräben, manche von diesen waren wassergefüllt. Ab dem 18. bis ins 20. Jahrhundert wurden diese verfüllt. Vor allem im Norden der Stadtmauer gab es mehrere Teiche, die entweder als Löschwasserteiche oder zur Fischzucht (Petri-, Pforten- und Burgteich) genutzt wurden. Im Mittelalter war die Fischzucht eine wichtige Zunft. Fisch wurde vor allem während der Fastenzeit gegessen, da man zu dieser Zeit kein Fleisch essen durfte. Es ist beachtlich, welchen Aufwand man betrieb, nur um die Gepflogenheiten der Kirche zu erfüllen. Dies zeigt, welche große Bedeutung die Kirche in der mittelalterlichen Gesellschaft gespielt hat. In den Messen und Gesprächen (Beichten) in der Kirche wurde die Bevölkerung zu bestimmten Handlungen aufgefordert und bestimmte damit das Denken und Handeln der damaligen Gesellschaft. Oftmals waren die Handlungen im Sinne der Kirche und festigten ihre Macht im Land. Die einfache Bevölkerung war diesem Tun meist schutzlos ausgeliefert, denn die Verflechtungen von Staat und Kirche waren sehr eng und wurden oft benutzt, um den sozialen Missstand der damaligen Zeit aufrecht zu erhalten. Nur so war es möglich, dass eine kleine Oberschicht in Saus und Braus leben konnte, während die meisten Menschen auf dem Land unfrei waren.
innere und äußere Stadtmauer Plan in Anlehnung an: Günther und Korf 1986
 OpenStreetMap contributors
Inneres Frauentor
Stadtmauer
Inneres Frauentor
alte Karte mit dem Territorium Mühlhausen