Steinsches Schloss

Ursprünglich lebten die Herren vom und zum Stein auf der Höhenburg auf der anderen Lahnseite – heute eine Ruine. An dieser Stelle gab es bereits im Mittelalter einen gräflichen Gutshof der Familie. Im frühen 17. Jahrhundert entschied sich die Familie, den Gutshof zu einem Stadtschloss umzubauen, sodass um 1621 ein Schloss im Stil der Spätrenaissance entstand. Bis heute bildet dieses Schloss das Herz der Anlage. Um 1755 wurde das Schloss durch barocke Seitenflügel erweitert. Das Schloss ist der Geburtsort von Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein (*1757, †1831). Er war ein bedeutender preußischer Staatsmann und gilt als der bedeutendste Sohn von Nassau. Zusammen mit Karl August von Hardenberg (*1750, †1822) gilt er als prägender Akteur der Preußischen Reformen (1807-1815). Schon vor den Preußischen Reformen verfasste Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein im Schloss von Nassau im Jahr 1807 die „Nassauer Denkschrift“. Sie bildete die Grundlage für die Preußischen Reformen. Die Preußischen Reformen waren die Grundlage für den Wandel Preußens vom absolutistischen Stände- und Agrarstaat zum aufgeklärten National- und Industriestaat. Sie ermöglichten die Befreiungskriege von 1813-1815 und schufen die Grundlage für die Revolution von 1848/1849. Zwischen 1814 und 1818 ließ Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein in Erinnerung an die Befreiungskriege und den Sieg über Napoleon einen neogotischen Turm an das Schloss anbauen – der „Steinsche Turm“. Es ist ein steinernes Denkmal mit einigen Geheimnissen, die bis heute nicht gelüftet wurden. Der Turm wurde nie so vollendet, wie einst geplant. Im Erdgeschoss sind zwei Becken zu finden, die als eine Art rituelles Taufbecken dienen sollten. Hier sollten Körper und Geist für eine neue Welt gewaschen werden: für die Freiheit Deutschlands, den Tyrannentod (Napoleons) und für eine neue Verfassung eines geeinten Deutschlands. Dies waren die Wünsche von Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein. Wessen Idee das Bad war, ist unklar, vielleicht die von Ernst Moritz Arndt 2 . In der ersten Etage des Turmes liegen das Arbeitszimmer und eine Bibliothek, in der zweiten Etage des Turmes findet man eine Gedenkhalle für den Sieg über Napoleon. Das Steinsche Schloss ist bis heute im Besitz der Steinschen Nachfahren in weiblicher Linie, den Grafen von Kanitz. Der Steinsche Turm kann nach Anmeldung besichtigt werden, die übrigen Schlossbereiche und der große Schlossgarten sind nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.
Die Preußischen Reformen können in drei Säulen eingeteilt werden. Die erste Säule war die Befreiung der Bauern, die Gleichstellung der Bürger, die Selbstverwaltung der Städte durch gewählte Volksvertreter, die Neuordnung der Staatsverwaltung durch verantwortliche Fachminister, die Einführung der Gewerbefreiheit und die Gleichberechtigung der Juden. Die zweite Säule umfasste eine Bildungsreform, für die Wilhelm von Humboldt verantwortlich war. Er erneuerte das Bildungswesen im Sinne des Humanismus, setzte die allgemeine Schulpflicht durch und gründete die Berliner Universität. Die dritte Säule bildete die Heeresreform, die Gerhard von Scharnhorst, August Neidhardt von Gneisenau und Hermann von Boyen einleiteten. Sie modernisierten die Preußische Armee, schafften die Prügelstrafe für Soldaten ab und führten die allgemeine Wehrpflicht ein.

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https://www.faz.net/aktuell/stil/drinnen-draussen/die-geschichte-des-turms-von-

schloss-nassau-17344915.html, abgerufen 28.02.2024