Seidenspinnerei

Nach den schweren Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges, der Besatzung Nienburgs durch Napoleon zu Zeiten der Französischen Revolution und die Kriege des 18. Jahrhunderts war die Wirtschaft in Nienburg weitestgehend zum Erliegen gekommen. Nienburg hatte viele Einwohner verloren und war ein beschauliches Ackerbürgerstädtchen an der Mittelweser ohne nennenswerte Industrie. Damals war Johann Conrad Achaz Holscher (*1800, †1888) Pastor an der Kirche St. Martin. Er entwickelte die Idee, die Hannoverische Seidenbautradition nach Nienburg zu holen und damit ein neues Gewerbe zu schaffen, um den Bürgern ein besseres Auskommen zu ermöglichen. Der Seidenbau hatte schon damals im Königreich Hannover eine lange Tradition. Der Hannoveraner Herzog Johann Friedrich von Calenberg (*1625, †1679) begann mit dem Anbau von Maulbeerbäumen in der Sommerresidenz von Herrenhausen in Hannover und züchtete dort an den Bäumen die Seidenraupen. Dieses Prinzip brachte Johann Conrad Achaz Holscher nach Nienburg und eröffnete in diesem flachen Gebäude seine Seidenbau- Zuchtanstalt und eine Seidenspinnerei (eine Filanda). Zudem wurde der Nienburger Seidenbau-Verein gegründet. Große Maulbeerbaum-Plantagen entstanden rund um die Stadt, beispielsweise im ehemaligen Stadtgraben, aber auch in Marklohe, Drakenburg oder Wölpe. Von dort wurde das Laub der Maulbeerbäume herbeigeschafft, um die überaus hungrigen Raupen der Maulbeerseidenspinner zu füttern. Die von den Raupen hergestellte Seide wurde gesponnen und in ganz Europa verkauft.