Neuweger Schule

Jahrhundertelang war Bildung die Aufgabe der Kirche, trotzdem war sie direkt vom sozialen Stand abhängig. Bis weit in die Neuzeit war Bildung den reichen Kaufmannsfamilien und der adeligen Oberschicht vorbehalten. Das einfache Volk konnte weder lesen noch schreiben. Die herrschende Oberschicht vertrat zusammen mit der Kirche lange Zeit die Ansicht, dass zu viel Bildung das einfache Volk unzufrieden und damit aufmüpfig werden lassen könnte. Zudem war das Thema Bildung bis ins 19. und teils sogar 20. Jahrhundert extrem patriarchisch ausgerichtet. Schule und damit Bildung war meist ausschließlich für Jungen bestimmt, während Mädchen sich gezwungenermaßen zusammen mit ihren Müttern um Haus und Hof kümmerten. Während der Aufklärung wandelten sich die Ansichten bezüglich der Bildung nur langsam: die Industrialisierung und der frühe Kapitalismus veränderten die Gesellschaft zunehmend, immer mehr Unternehmen wünschten sich, dass ihre Arbeiter zumindest lesen und schreiben konnten. Zu dieser Zeit wurde Bildung immer mehr als Auftrag des Staates gesehen und weniger den Kirchen zugeschrieben. Zusätzlich wurden Kinder nicht mehr so stark als Arbeitskräfte eingesetzt. Aus dieser Zeit stammen die Anfänge der Neuweger Schule, die 1712 als sogenannte Klippschule (auch Winkelschule genannt) gegründet wurde. Die Norder Privatleute, welche die Schule gegründet hatten, wünschten sich für ihre Kinder zumindest eine grundlegende Bildung. Zu dieser Zeit waren die Norder Schulen entweder noch in der Hand der Kirche oder der Zugang war von der Gunst und Zuwendung der herrschenden Familie abhängig. Auch wenn die Schule als Klippschule von den Behörden nicht anerkannt wurde, hatte sie in Norden einen überaus guten Ruf. Die privat geführte Schule sorgte für gutes Lehrpersonal, was für solche Schulen keineswegs die Regel war. Mit dem staatlichen Verbot von Klippschulen wurde die Neuweger Schule verstaatlicht. Nur wenige Jahre später wurde sie geschlossen.
Zwischen 1850 und 1867 war hier auch die Höhere Töchterschule in Norden. Diese Schulen waren jedoch keine weiterführenden Schulen für Mädchen (wie die damaligen höheren Jungenschulen), sondern sie waren für die Töchter der gehobenen gesellschaftlichen Schicht bestimmt. Allerdings kamen sie nicht in den Genuss eines vernünftigen Unterrichts, sondern sollten nur so viel lernen, damit sie einen einfachen Beruf ausüben konnten oder um als Gastgeberin „anregende“ Gespräche zu führen – aus der heutigen Sicht eine unverschämte Diskriminierung. Erst auf Druck der bürgerlichen Frauenbewegung im 19. Jahrhundert und der Entstehung eines modernen Schulwesens änderte sich dies.