Bürgerhaus

Das genaue Alter und der Bauherr des Gebäudes ist unbekannt, es wurde wahrscheinlich zwischen 1550 bis 1600 errichtet. Bauherr war möglicherweise die Familie von Rhaude, der erste namendlich benannte Eigentümer war Albrecht Schwinge. Im Laufe der Jahrhunderte wechselten die Besitzer und damit der Name des Gebäudes mehrfach. Du hast ja inzwischen einige Bürgerhäuser in Norden kennengelernt und fast alle haben einen Hausnamen. Auf den ersten Blick ist das etwas ungewohnt, denn heute tragen die errichteten Gebäude nur selten eigene Namen. Bis vor wenigen hundert Jahren gab es jedoch noch keine Hausnummern. Damals waren die Städte natürlich auch noch viel kleiner als heute. Die Straßen waren meist danach benannt, welche Funktion sie hatten, welche Gebäude an ihnen lagen oder wo sie hinführten. Zusätzlich war jedes Haus nach seinem Bewohner benannt. Ab dem Jahr 1761 wurden die Häuser Nordens durchnummeriert. Man fing mit dem Haus „Markt 1“ an, welches die Nummer 1 bekam. Damals hatte dieses Haus die Nummer 573. Erst im Jahr 1904 wurde das bis heute bestehende System mit Straßennamen und durchlaufenden Hausnummern etabliert. In der Literatur wird das Gebäude häufig als Haus Vienna beschrieben, namensgebend dafür ist die Handelsfamilie Vienna, die es im frühen 20. Jahrhundert kaufte. Seit 2008 wird das Gebäude als Bürgerhaus bezeichnet. Es ist ein interessantes Beispiel, wie sich Hausnamen im Laufe der Jahrhunderte und auch heute noch verändern können. Die Ziegel des Gebäudes sehen alle etwas unterschiedlich aus und auch die Ziegellagen sind etwas krumm und schief. Die Ziegel wurden noch in mühsamer Handarbeit hergestellt, weshalb jeder Ziegelstein ein Unikat ist. Die Ziegel des Hauses haben das sogenannte „Klosterformat“ und wurden in Feldbrandziegeleien hergestellt. Dies waren kleine Ziegeleien, die direkt an der Baustelle oder unweit der Stadtgrenze lagen, um die Wege kurz zu halten. Das „Klosterformat“ der Ziegel hat tatsächlich etwas mit Klöstern zu tun. Bis zur Christianisierung Ostfrieslands waren den hier lebenden Menschen Ziegel völlig unbekannt, auch wenn sie damals im Mittelmeerraum bereits lange genutzt wurden. Erst mit der Christianisierung und dem damit verbundenen Bau von Kirchen und Klosteranlagen kamen erste Ziegelsteine in die Region. Diese hatten – wie bei Ziegelsteinen üblich - ein standardisiertes Format: das Klosterformat.