Schrannenplatz

Der Schrannenplatz ist heute ein schnöder Parkplatz, hat jedoch stadtgeschichtlich betrachtet eine große Bedeutung. Bis in die 1950er Jahre hieß der Platz Judenkirchhof. Im mittelalterlichen Rothenburg lag hier der jüdische Friedhof. Die jüdische Gemeinde Rothenburgs zählt zu den ältesten in Franken und wurde bereits um 1180 erstmals erwähnt. Schon bald entwickelte sich die Gemeinde zu einer der bedeutendsten in Mitteleuropa, hier lebte unter anderem der damals sehr geschätzte und europaweit vernetzte Rabbi Meir ben Baruch (*um 1220, †1293). In den kommenden Jahrhunderten kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den Konfessionen und teils sogar zu schweren Pogromen, bei denen zahllose jüdische Mitbürger ihr Leben verloren. Besonders schwer war der Rintfleisch- Pogrom von 1298, der in der Region rund um Rothenburg seinen Ursprung hatte (Röttingen, etwa 30 km NW). Nach dem Pestpogrom von 1350 wurde die Synagoge an den hier liegenden jüdischen Friedhof verlegt – 1404/1407 fertiggestellt. Es war der Beginn des Niedergangs der jüdischen Gemeinde. Im Zuge der Reformation wurde die jüdische Bevölkerung ab dem frühen 16. Jahrhundert gezielt aus Rothenburg vertrieben, 1520 die Synagoge zerstört. Bis heute erinnert am Schrannenplatz kaum etwas an diese bedeutende jüdische Geschichte. Seit den 1950er Jahren nennt man den Platz Schrannenplatz, denn am Platz liegt seit 1589 die Rothenburger Schranne. Im Mittelalter und der Neuzeit war es der städtische Getreidespeicher, in dem die Ernten gelagert wurden. Bis ins 18. Jahrhundert zählte Brot zu den wichtigsten Lebensmitteln. Damals war es günstig herzustellen und daher preiswert im Verkauf. Im Schnitt wurden im Mittelalter etwa 150-170 kg Getreideprodukte pro Person im Jahr verzehrt. Als Vergleich: 2014/2015 wurden in Deutschland etwa 96 Kilo Getreideprodukte verbraucht.
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Erstes Judenviertel [A] mit Synagoge [1] bis Mitte 14. Jahrhundert. Ab der zweiten Hälfte des 14. Jh. Judenviertel [B] mit Mikwe [2] und (Juden)Tanzhaus [3]. Daneben die Synagoge [4] mit Judenkirchhof [C].
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