Zingel & Liddenweg

Die hier so unscheinbar erscheinende Wiese ist ein sogenannter Zingel. Es ist ein kleiner, eingedeichter Wiesenbereich, der direkt an die Warf von Rysum grenzt. Vor dem Bau der Nordseedeiche war die Warf bei Hochwasser von Wasser umgeben, wie man es heute noch von den Halligen in Nordfriesland kennt. Damit man damals die Tiere nicht immer von den Weiden rund um die Warf in die Ställe auf der Warf treiben musste, fanden sie hier im Zingel Schutz vor den Fluten der Nordsee. Der flache Deich rund um den Zingel ist heute nur noch schwach zu erkennen. Nördlich des Zingels verläuft die Straße „Liddenweg“, ein etwas komischer Name für eine Straße mit einer ganz besonderen Geschichte. Im Mittelalter führte der Liddenweg zum Rysumer Vorwerk. Es war ein Landwirtschaftlicher Gutshof des Klosters Langen (Pfleghof). Das ehemalige Kloster Langen war ein Doppelkloster der Prämonstratenser. Im Doppelkloster lebten sowohl Nonnen wie auch Mönche. Es lag ursprünglich südlich von Rysum, heute im Bereich der Mündung der Ems in das Wattenmeer und wurde vor 1529 ins Landesinnere verlegt, nachdem es bei Sturmfluten schwer beschädigt bzw. zerstört worden war. In der Kirche von Rysum hattest du das nachgebaute Heiliggrab gesehen (vgl. Station 2). Man geht davon aus, dass der Liddensweg damit zu tun hat und er im Mittelalter ein Prozessions- oder Kreuzweg zwischen dem Klosterhof und der Kirche von Rysum war. Heute erinnert nur noch der Straßenname an diese alte Tradition. Wann genau dieser Weg und damit der Name entstanden ist, bleibt unklar. Im 13. Jahrhundert beteiligten sich mehrere ostfriesische Krieger bzw. Häuptlinge an einem Kreuzzug ins Heilige Land. Zusätzlich hatte Ritter Victor Frese im Jahr 1489 zusammen mit dem ostfriesischen Grafen Enno I. und 1491 zusammen mit dem ostfriesischen Graf Edzard I. zwei Pilgerreisen in das Heilige Land unternommen. Vielleicht steht eines dieser beiden Ereignisse mit der Entstehung des Passionsweges in Rysum in Verbindung.