Entstehung des Gulfhauses
Das Gulfhaus ist die typische Bauernhausform
in Ostfriesland, die sich seit dem 16.
Jahrhundert entwickelt hat. Heute sind fast alle
Höfe in Ostfriesland in dieser Bauform errichtet.
Die genaue Entwicklung des Gulfhauses ist bis
heute nicht abschließend geklärt: grundsätzlich
gibt es zwei unterschiedliche Theorien zur
Entstehung dieses doch sehr charakteristischen
Bauernhauses.
1. Niederdeutschen Hallenhaus
Manche Quellen
2
vermuten, dass sich das
Ostfriesische Gulfhaus aus dem
Niederdeutschen Hallenhaus entwickelt hat.
Zu dieser Zeit änderte sich die Landwirtschaft.
Das Grünland und die Viehzucht wurden durch
Ackerbau ersetzt, weshalb nun vermehrt
Getreide und ab dem späten 17. Jahrhundert
auch Raps angebaut wurde.
Im Niederdeutschen Hallenhaus lebten
ebenfalls Mensch und Tier unter einem Dach,
wobei der größte Teil des Hauses als Stall
diente. In der Mitte des Hauses befand sich die
Wohndiele, an beiden Seiten lagen die
Stallungen. Die geernteten Erzeugnisse wie
Heu, Gemüse und ähnliches wurden unter dem
Dach, also über der Diele gelagert. Hier war
aufgrund der begrenzten Höhe und
Tragfähigkeit jedoch vergleichsweise wenig
Platz. Das Tor zur Diele lag in der Mitte des
Hauses und war Zugang für Mensch, Tier und
das Erntegut.
2. Friesischer Marschenhof
Andere Quellen
3
vermuten, dass das
Ostfriesische Gulfhaus nicht direkt aus dem
Niederdeutschen Hallenhaus entstand, sondern
dass es sich im späten 17. Jahrhundert aus
einem Friesischen Marschenhof entwickelt hat,
wie sie in den Niederlanden vorkommen.
Diese Höfe bestehen aus einem Wohnhaus und
weiteren nicht an das Wohnhaus angebauten
Wirtschaftsgebäuden, wie zum Beispiel einem
Stall und Lagergebäuden. Diese These wird
dadurch gestützt, dass damals viele
niederländische Siedler nach Ostfriesland bzw.
in die Krummhörn kamen und vermutlich ihr
Wissen zum Hausbau mitbrachten.
Man geht von mehreren Entwicklungsstufen
vom Friesischen Marschenhof zum
Ostfriesischen Gulfhaus aus:
2
Behre (2008), S. 122
3
Rüther (1999), S. 99 f und S. 107 ff bzw. Glänzer (2002)
Grundriss eines Niederdeutschen Hallenhauses
Niederdeutsches Hallenhaus
Wohnteil
Dachboden
Pferde
Vieh
Diele (Arbeits-, Lager- & Stallraum)
Friesischen Marschenhof, bei dem das Wohnhaus
vor der Scheune lag und mit einem Durchgang
verbunden war.
Im Laufe der Zeit wurde der Scheunenbereich
breiter als das Wohnhaus, um mehr Nutzfläche
zu gewinnen.
Der Wohnteil wurde direkt an die Scheune
angeschlossen. In manchen Fällen entstand ein
durchgehendes Dach.
Die straßenseitige Fassade wurde mit einem
Schaugiebel versehen.