Martinskirche

Über die Anfänge der Martinskirche ist nur wenig bekannt. Um das Jahr 700 wurde südlich der heutigen Martinskirche im Bereich der „Statue der Mantelteilung“ eine erste hölzerne Kapelle oder Kirche im Zuge der Christianisierung errichtet. Damals war die Kirche Teil einer größeren Hofanlage bei einem Herrenhof (wahrscheinlich ein festes Haus). Im Bereich der heutigen Kirche lag ein christlicher Friedhof, wie die Ausrichtung der Gräber nach Osten verrät. Über das Aussehen der damaligen Hofanlage bzw. Kirche ist kaum etwas bekannt. Manche Quellen vermuten, dass ein im 19. Jahrhundert im Bereich des Kirchhofs abgebrochener Vorbau die letzten Reste dieser Kirche gewesen sein könnten. Mit der Gründung des Stifts Sindelfingen wurde das Areal umfassend verändert. Ab 1065 wurde mit dem Bau der heutigen Martinskirche begonnen. Auch wenn sie 1083 noch lange nicht fertiggebaut war, wurde sie bereits geweiht. Durch die Verlegung des Stifts 1066 nach Hirsau und der damit verbundenen Gründung des Chorherrenstifts wurde der Bau der Kirche wahrscheinlich verzögert. Um 1130 wurden Sindelfingen und damit das Stift welfisch (vgl. Station 1), was wohl zu weiteren Bauverzögerungen führte. Um 1130 wurde die Kirche schließlich fertiggestellt. Fünf Jahre später wurde auch der (nur angebaute) Kirchturm – nach dem Vorbild italienischer Campanile (freistehender Glockenturm) - vollendet. Seit der Fertigstellung wurde das Äußere der Kirche kaum mehr verändert, sodass sie bis heute ihr mittelalterliches, romanisches Aussehen als eine der wenigen Kirchen Württembergs bewahrt hat. Warum die Martinskirche im 15. oder 16. Jahrhundert nicht im damals aufkommenden gotischen Stil umgebaut wurde, bleibt bis heute unklar. Zu dieser Zeit war das Sindelfinger Stift eines der reichsten in Süddeutschland mit großem Grundbesitz und vielen einflussreichen Stiftsherren, sodass es keine Frage des Geldes gewesen sein kann. Vielleicht lag es an der damals sehr reichen Ausstattung der Kirche, welche man unbedingt bewahren wollte. Im Jahr 1535 wurde durch den württembergischen Herzog Ulrich (*1487, †1550) die Reformation umgesetzt. Dadurch wurde Sindelfingen über Jahrhunderte eine protestantisch geprägte Stadt. Mit der Reformation kam es nicht nur zu einem Bildersturm in der Kirche, bei der zahlreiche Kunstwerke vernichtet wurden, sondern die bis dahin bestehende Krypta wurde abgebrochen und der Chorraum neugestaltet. Im 19. und 20. Jahrhundert kam es zu weiteren Umbauten bzw. umfassenden Sanierungen im Inneren der Martinskirche. Heute erscheint sie dennoch ursprünglich und mittelalterlich.
Im Jahr 1973 wurde bei der Sanierung der Kirche direkt unter dem Fußboden ein etwa sieben Zentimeter großes Tongefäß mit einem Münzschatz gefunden. Die Prägungen der Münzen lassen vermuten, dass sie um 1180 im Fußboden (vielleicht unter einer Steinplatte) der 1132 vollendeten Kirche versteckt wurden. Der Schatz umfasste 945 Silbermünzen, die damals einen großen Wert gehabt haben. Sie befanden sich in sehr gutem Zustand und müssen schon bald nach der Prägung durch die Sindelfinger Münzstätte hier in Sicherheit gebracht worden sein. Wer diesen Schatz hier versteckt hat und warum der Schatz nie geborgen wurde, ist unbekannt.