Chorherrenhaus
Das sogenannte Chorherrenhaus wurde um
1454 fertiggestellt und war zeitweise das
Wohnhaus eines Chorherrn, später lebte hier
der Kaplan. Direkt neben dem Gebäude
schließt sich eine alte Scheune an, die um 1474
errichtet wurde. Sie bilden ein seltenes
Ensemble und geben einen Einblick in ein
Chorherrenstift des Spätmittelalters.
Im Mittelalter hatte Sindelfingen als
Ackerbürgerstadt keine überragende
wirtschaftliche Bedeutung, das Stift hingegen
war zeitweise eines der mächtigsten im
süddeutschen Raum. Nicht von ungefähr wurde
es zur Gründung der Tübinger Universität
auserkoren. Große Ländereien und Güter
machten das Stift nicht nur zu einer reichen
Institution mit großem Ansehen, sondern auch
zu einem wirtschaftlichen Motor in der Region.
Von diesem wirtschaftlichen Erfolg profitierten
natürlich auch die Bürger der Stadt. Sie
lieferten dem Stift die benötigten Waren,
landwirtschaftliche Produkte oder
handwerkliche Erzeugnisse, was oft zu einer
guten Auftragslage führte.
Hinter dem Gebäude befindet sich ein schöner
Bauerngarten. Bei seiner Gestaltung wird auf
heimische Arten gesetzt, die es bereits im
Mittelalter gab und vermutlich schon damals im
Klostergarten vorkamen. Gärten mit
heimischen Pflanzen sind für die Biodiversität
und unsere Ökosysteme von herausragender
Bedeutung. Viele unserer heimischen Insekten
sind auf diese Arten angewiesen. Der Wert
einer Pflanzenart ist nicht unbedingt auf den
ersten Blick erkennbar. In vielen Gärten,
Parkanlagen und Landschaften findet man
Pflanzen aus fernen Regionen, man spricht von
Neophyten. Manche dieser Pflanzen ziehen
massenweise Insekten an und werden sogar als
„insektenfreundlich“ angepriesen. Allerdings
benötigen die Spezialisten heimische Arten für
ihren Nachwuchs. Nur die Generalisten sind da
nicht so wählerisch.
Das Verschwinden heimischer Pflanzenarten
stellt eine echte Bedrohung für den Fortbestand
unserer Insektenwelt dar. Für den Erhalt der
Biodiversität braucht es deshalb eine Vielzahl
heimischer Pflanzenarten. Ein Natur- oder
Bauerngarten kann so zum Hotspot der
Artenvielfalt werden.