Alter Friedhof

Im späten 16. Jahrhundert kam es in Sindelfingen zum Ausbruch der Pest. Die Pest zählte im Mittelalter und in der Neuzeit zu den gefürchtetsten Krankheiten überhaupt. Immer wieder kam es zu Ausbrüchen, wodurch hunderttausende Menschen ihr Leben verloren. Erst in den letzten etwa 200 Jahren wurde die Krankheit genauer untersucht und auf das „Pestbakterium“ Yersinia pestis zurückgeführt. Die Krankheit wird über Flöhe oder als Tröpfcheninfektion übertragen. Bei der Tröpfcheninfektion kommt es zur sogenannten Lungenpest. Weil man durch den Ausbruch zahlreiche Tote zu beklagen hatte, errichtete man um 1595 8 relativ weit vor den Toren der Stadt den heute als Alten Friedhof bezeichneten Bestattungsort. Der Alte Friedhof wird heute wieder als solcher genutzt, auch wenn es inzwischen einen weiteren städtischen Friedhof außerhalb der Altstadt auf der Burghalde gibt. Heute kommt es auf dem Alten Friedhof vorwiegend zu Urnenbestattungen. Die Kapelle mit Leichenhalle wurde 1911 errichtet. Doch der Friedhof erfüllt noch eine weitere Aufgabe: er ist zu einem wichtigen Lebensraum für Tiere und Pflanzen geworden. Die inzwischen ungenutzten Bereiche haben sich über die Zeit zu einem komplexen und stabilen Ökosystem entwickelt. Alte Bäume, die auf diesen Flächen ungestört wachsen konnten, bieten wertvolle Habitate für zahlreiche Tierarten, insbesondere für Vögel und Insekten. Der hohe Alt- und Totholzanteil fördert zudem das Vorkommen spezialisierter Insekten- und Pilzarten, die beispielsweise auf verrottendes Holz angewiesen sind.
Kapelle mit Leichenhalle

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Schempp (1998). S. 95

Stadtnatur