Kurze Gasse
Die Häuser der Sindelfinger Altstadt sind fast
alle in der Fachwerkbauweise errichtet, die
ältesten Häuser stammen aus dem 14.
Jahrhundert. Da viele der Häuser seit den
1970er Jahren baugeschichtlich umfassend
untersucht wurden, konnte man in Sindelfingen
sehr schön den Wandel in der
Fachwerkbauweise von einfachen
Ständerbauten des Spätmittelalters zu der
komplexeren Stockwerkbauweise der frühen
Neuzeit belegen. Es war eine graduelle
Entwicklung von der einen zur anderen
Bauweise mit vielen Zwischenstufen.
Zunächst baute man in der sogenannten
Ständer- oder Pfostenbauweise. Als Ständer
werden die senkrecht stehenden Balken eines
Fachwerkhauses bezeichnet. Im Laufe des
Mittelalters benötigte man jedoch immer
höhere Häuser, um Wohnraum zu schaffen.
Im Laufe des Spätmittelalters entstand die
sogenannte Stockwerkbauweise, die auch als
Rähmbauweise bezeichnet wird. Damit war die
Konstruktion nicht mehr von der Länge eines
Baumstammes bzw. Balkens abhängig, sodass
höhere und größere Fachwerkbauten entstehen
konnten. Um dem Bau eine noch höhere
Stabilität zu geben, entstanden
unterschiedliche Verstrebungen in der
Holzkonstruktion.
Die Häuser entlang der Kurzen Gasse stammen
alle - außer Hausnummer 10 - aus der Neuzeit.
Besonders schön ist die Stockwerkbauweise an
den Häusern der Kurzen Gasse 2, 6 und 9
(Anbau um 1700) zu erkennen.
Nimm dir etwas Zeit und betrachte das
Fachwerk.
Kurze Gasse 6 mit deutlich überkragender
Bauweise.
Kurze Straße 9 mit Andreaskreuzen [1],
gebogene Andreaskreuze mit Nasen (zu Zeiten
des Nationalsozialismus auch als Feuerbock
bezeichnet) [2] und durchkreuzten Rauten [3].
Die senkrechten Ständer der Innen- und
Außenwände tragen die Lasten der
Holzkonstruktion. Sie sind immer ein Stockwerk
hoch und reichen von der Schwelle bis zum
jeweiligen horizontal aufliegenden Rähm .
Bei der Ständerbauweise reichen die Ständer
bis unter das Dach und bilden damit das
Grundgerüst des Hauses. Durch die Länge der
Bäume bzw. durch die Länge der Balken war die
Höhe des Hauses vorgegeben.