Klein Venedig
Der Ausblick von der kleinen Brücke über die
Schwinge entlang des Flusses wird auch als
„Klein Venedig“ bezeichnet. Das Flusswasser
wurde nicht nur zum Brauen von Bier (vgl.
Station 13) genutzt - es trieb auch Mühlräder
an, diente zum Waschen, zum Reinigen von
Kleidung, zum Kochen, zum Tränken von Vieh
und zum Gerben von Leder. Das Wasser der
Schwinge war entsprechend verunreinigt.
Im Mittelalter und der Neuzeit gab es
grundsätzlich drei verschiedene Gerbverfahren:
I. Die Rot- oder Lohgerber stellten aus
Tierhäuten dicke Ledersorten her. Diese wurden
für Sättel, Schuhe, Schuhsohlen oder Zaumzeug
genutzt. Die Tierhaut bearbeitete man mit
Laugen aus gemahlener Eichenrinde.
II. Die Weißgerberei nutzte die Salzgerbung
mit Alaun. Alaun ist ein Salz aus Kalium und
Aluminium. Mit diesem Verfahren stellten sie aus
Kalbs-, Schafs- oder Ziegenhaut dünnere und
damit edlere Lederarten her.
III. Die Sämischgerberei verwendete Fett oder
Tran, um wasserfestes Leder herzustellen.
Am Ende des Gerbprozesses wurde das Leder
von kleinen Stegen aus in der Schwinge
ausgewaschen, um die Gerbstoffe aus dem Leder
zu spülen und den Gerbprozess zu beenden.
Anschließend wurden die gegerbten Lederstücke
in der Sonne getrocknet. Leder ist ein sehr
haltbares Material und verrottet nicht, daher
waren gegerbte Produkte im Mittelalter
unverzichtbar. Allerdings waren die Gerber nicht
gerne gesehen. Das Auswaschen verunreinigte
den Fluss und die trocknenden Lederstücke
verbreiteten einen penetranten Gestank.