Hagedorn

Straßennamen sind bis heute stille Zeugen längst vergangener Stadtgeschichte. Bis ins 19. Jahrhundert gab es in den Städten keine Hausnummern, nicht einmal alle Gassen hatten einen Namen. Nur die größten Straßen waren damals benannt – meist nach wichtigen Gebäuden oder Plätzen. Der Straßenname „Hagedorn“ lässt sich jedoch so nicht erklären: seine Geschichte ist eine andere. Im 11. Jahrhundert war Stade eine geteilte Stadt. Der Bereich rund um den Hafen und den Spiegelberg mit der Burg waren im Besitz der Grafen von Stade, während der Bereich rund um die Kirche St. Wilhadi dem Bremer Erzbischof gehörte. Beide Stadtbereiche hatten nicht nur unterschiedliche Stadtherrn, sondern damit auch unterschiedliche Gesetze und Steuern. Dadurch gab es auch zwei Vogthöfe: einen Vogthof der gräflich-kaufmännischen Siedlung (heute: Salzstraße) und einen Vogthof der bischöflichen Siedlung (heute: Seminarstraße). Die beiden Stadtbereiche waren zwar nicht verfeindet, aber im Grunde zwei voneinander unabhängige Städte. An der Grenze zwischen den beiden Städten wuchs eine fast undurchdringliche und dornige Weißdornhecke. Die heutige Straße „Hagedorn“ zeichnet den Verlauf dieser einstigen Stadttrennung nach: als Hag wird ein meist von einer Hecke eingehegtes bzw. eingefriedetes Gebiet bezeichnet. Auch mit dem Aussterben der Grafen von Stade bestand die gräfliche und deutlich kleinere bischöfliche Vogtei weiter. Erst im Jahr 1427 wurde diese Trennung endgültig aufgehoben.