Erbhof Thedinghausen

Die Region rund um Thedinghausen ist seit Jahrhunderten bewohnt. Schon zu vorchristlicher Zeit lebten hier Sachsen, ein alter germanischer Stamm. Mit der Gründung des Bremer Bistums im späten 8. Jahrhundert kam die Region Thedinghausens in dessen Einzugsbereich und wurde langsam christianisiert. Um 977 errichtete der Bremer Bischof in Lunsen (etwa 2 Kilometer östlich von Thedinghausen) eine erste Kapelle / Kirche, die jahrhundertelang die wichtigste Kirche der Region war. Im Mittelalter und bis ins 17. Jahrhundert sah es rund um Thedinghausen noch ganz anders aus. Damals floss die Weser direkt am Ort Dettenhusen und unweit der Burg Thedinghausen vorbei, große Sumpfflächen und Bruchwälder prägten die Region. Die Orte lagen auf Wurten um bei Hochwasserereignissen der Weser sicher zu sein. Um die Region urbar zu machen und vor feindlichen Übergriffen zu schützen, ließ der damalige Bremer Erzbischof Giselbert von Brunkhorst (†1306) einige der Sümpfe trockenlegen und erste Deiche errichten. Außerdem ließ er mehrere Burgen rund um Bremen errichten, um sein Territorium zu verteidigen. Vor allem mit den Grafen von Hoya, deren Territorium sich südlich anschloss, kam es immer wieder zu Streitereien. Die Burg war von großer Bedeutung, um sich gegen die Überfälle der Grafen von Hoya zur Wehr zu setzen. Die Burg Thedinghausen wurde um 1285 nördlich des Dorfes Dettenhusen errichtet (vgl. Station 2). Zur Verwaltung der Burg und als Wohnraum für die Burgmannen entstanden rund um die Burg mehrere kleinere Burgen bzw. Burgmannshöfe, wie beispielsweise die Ihlenburg, die Poggenburg und Burgmannshöfe in Ullenstedt, Donnerstedt, Oenigstedt und Kaper. Auch an der Stelle des heutigen Erbhofs stand ursprünglich einer dieser Burgmannshöfe, eine mittelalterliche Wasserburg bzw. ein festes Haus. Es war die Stammburg der Ritter von Korlehake, die um 1246 erstmals erwähnt wurden. Im 17. Jahrhundert war die Burganlage noch immer im Besitz der Nachfahren der Korlehake. Ab etwa 1517 war die Burganlage an die Familie Hermeling verpfändet. Später nannten sich die Herren der Burg Korlehake-Hermeling, wahrscheinlich durch Heirat. Um 1613 gehörte die Burganlage Heinrich Carlhake-Hermeling, der damals in den Diensten des Bremer Erzbischofs Johann Friedrich von Schleswig-Holstein-Gottorf (*1579, †1634) stand. Seit 1612 war der Erzbischof des Öfteren auf der Burganlage und freundete sich mit der Familie an. Später verliebte sich der Erzbischof in die Frau von Heinrich Carlhake-Hermeling, Gertrud von Hermeling-Heimbruch. Dann passierte etwas Außergewöhnliches: Heinrich Carlhake- Hermeling verschenkte seinen Besitz (die Burganlage) an den Erzbischof. Im Gegenzug wurde Heinrich Carlhake-Hermeling zum erzbischöflichen Rat und Drosten (oberster Verwaltungsbeamter) der Ämter Thedinghausen und Langwedel ernannt. Nur ein Jahr später starb Heinrich Carlhake-Hermeling. Daraufhin kam es zu einer Beziehung zwischen dem Erzbischof und Gertrud von Hermeling- Heimbruch: die deutlich jüngere Witwe tröstete sich mit der Liebe zum Erzbischof. Ab 1619 baute er den alten Burgmannshof komplett um und das heutige Schloss im Stil der Weserrenaissance entstand. Jedoch starb Gertrud von Hermeling-Heimbruch noch vor dem Abschluss der Bauarbeiten des Schlosses im Jahr 1620. Ein Jahr später wurde der Erbhof vollendet, nun hatte der Erzbischof jedoch kein großes Interesse mehr an dem Bau, sodass er das Schloss seinem Sohn schenkte. Wenige Jahre später starb jedoch auch dieser, infolgedessen das Schloss an seine Schwester Christine von Holstein fiel. Sie verkaufte das Gebäude um 1649. In den darauffolgenden Jahrhunderten wechselte der Erbhof häufiger der Besitzer. Inzwischen ist er im Besitz der Gemeinde. Umfassenden Sanierungsarbeiten zwischen 2011 und 2014 ist es zu verdanken, dass der Erbhof heute das Schmuckstück Thedinghausens ist.
Thedinghausen als Ort, wie wir ihn heute kennen, ist erst im frühen 20. Jahrhundert entstanden. Ursprünglich lagen im Bereich des heutigen Thedinghausens drei kleine Dörfer und mehrere Burganlagen. Der älteste Ort war Dettenhusen (1168 erstmals erwähnt, später auch als Bürgerei bezeichnet). Bis in die Neuzeit war Dettenhusen ein kleines Haufendorf. Hagen war eine kleine Streusiedlung und lag südlich von Dettenhusen. Das kleine Dorf Ullenstedt (später auch Westerwisch genannt) war der dritte Ort im Bereich des heutigen Thedinghausens. Thedinghausen hingegen war der Name einer Burg, die im Bereich des heutigen Amtshofs stand (vgl. Station 2). Um 1908/1909 wurden die drei Dörfer, die im Bereich des heutigen Ortes lagen, zusammengelegt und nach der mittelalterlichen Burg Thedinghausen benannt. Inzwischen sind die alten Siedungskerne und der Bereich der alten Burg im Ortsbild nicht mehr zu erkennen, denn der heutige Ort ist weit über seine Grenzen des Mittelalters hinausgewachsen.
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Besiedlung von Thedinghausen um 1840 Abbildung angelehnt an: Plan der Deichgegend bei Thedinghausen [1840], Niedersächsisches Landesarchiv NLA WO K 5216
alte Weserläufe (teils vermutet ---) auf aktueller Karte
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