jüdische Geschichte

Ob es im Mittelalter in der Region des heutigen Thedinghausens jüdische Bürger gab, ist unbekannt. Erst im 18. Jahrhundert wird eine jüdische Familie im „Amte Thedinghausen“ erwähnt. In den darauffolgenden etwa 200 Jahren ihres Bestehens lebten nie mehr als etwa 40 jüdische Bürger in Thedinghausen. Ab dem frühen 19. Jahrhundert gab es einen Betraum und eine kleine jüdische Schule in einem Privathaus. Der Bau einer kleinen Synagoge war ursprünglich auch geplant, es gab auch schon erste Entwürfe für den Bau. Da sich die Gemeinde ab Mitte des 19. Jahrhunderts nicht weiter vergrößerte, sondern durch Wegzug sogar verkleinerte, fehlte es einerseits an männlichen jüdischen Bürgern zur Synagogengründung und andererseits an den finanziellen Mitteln, um das Vorhaben umzusetzen. Die meisten jüdischen Bürger des Amtes Thedinghausen waren arm. Durch die restriktive „Judenpolitik“ (Judenregal) des Heiligen Römischen Reiches wurden jüdische Bürger ab dem 14. Jahrhundert aus vielen Städten vertrieben und mussten in ländliche, ärmlichere Bereiche ausweichen. Hier waren die wirtschaftlichen Voraussetzungen deutlich schlechter, sodass jüdische Bürger von vorherein wirtschaftlich schlechter gestellt waren. Die Vertreibung aus den Städten war unter anderem dem Erfolg mittelalterlicher jüdischer Händler geschuldet, die oftmals erfolgreichere Geschäfte machten als ihre christlichen Konkurrenten. Diese Vertreibung war allein antisemitisch getrieben. Im 20. Jahrhundert entwickelte sich der Begriff des Landjudentums für diese gezielte Vertreibung jüdischen Lebens aus den Städten und das damit verbundene Aufblühen jüdischer Kultur im ländlichen Raum. Erst durch Forschung in den letzten Jahrzehnten wurde die große Bedeutung des damaligen Landjudentums für die wirtschaftliche Entwicklung des ländlichen Raumes erkannt. Da der jüdischen Bevölkerung auch im ländlichen Raum der Zugang zu den Zünften verwehrt blieb, durften sie viele Berufe nicht ausüben und mussten solche wählen, die als freie Berufe keinen Zunftzwang hatten. Viele jüdische Bürger waren arbeitstechnisch betrachtet sehr flexibel und konnten sich rasch an sich ändernde Bedingungen und Bedarfe anpassen. Im 19. Jahrhundert waren die jüdischen Bürger im Amt Thedinghausen meist arm und lebten vom Viehhandel, der Schlachterei oder waren Bäcker bzw. Schneider. Einer der Schlachter war Isaak Baumgarten, dessen Geschäft in der „Braunschweiger Straße 28“ lag. Hier verkaufte er seine Wurst- und Fleischwaren. Schon im Jahr 1929 gründete sich in Thedinghausen eine NSDAP-Ortsgruppe, wodurch jüdische Bürger zunehmend aus der Gesellschaft gedrängt wurden. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 verschlimmerte sich die Situation deutlich. Die NSDAP-Ortsgruppe hetzte immer aggressiver gegen die jüdischen Händler und Kaufleute. Bis 1939 hatten alle jüdische Bürger Thedinghausen verlassen, manche flohen ins Ausland, viele wurden über Bremen in Konzentrationslager verschleppt und dort ermordet. Heute erinnert hier nur noch wenig an die jüdische Geschichte. Der ehemalige jüdische Friedhof, der 1854 eingeweiht wurde, ist heute aus dem Ortsbild völlig verschwunden. Er wurde 1941 aufgelöst und ein Jahr später völlig zerstört. Von den hier errichteten Grabsteinen sind heute keine mehr erhalten. Auf dem ehemaligen Friedhofsbereich steht heute ein Einfamilienhaus.

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Heimatkalender Landkreis Verden 2009, S. 287

Um eine Synagoge zu gründen bzw. sie zu nut-

zen, muss eine Gemeinde mindestens zehn

männliche Mitglieder aufweisen. Sie werden

beispielsweise für die Eröffnung des Gebetes

benötigt

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