Dom und Liebfrauenkirche
Der Dom und die direkt angebaute
Liebfrauenkirche bilden ein bis heute
einmaliges Ensemble. Ihre Anfänge liegen in
der Antike. Schon im 3. Jahrhundert gab es im
damals noch römischen Trier eine kleine
christliche Gemeinde, die sich angeblich in
einem Haus im Bereich des heutigen Doms traf.
Im römischen Reich wurden christliche Bürger
zunächst verfolgt. Unter dem römischen Kaiser
Konstantin (*270/288, †337) wurde das
Christentum zur Staatsreligion und Trier zur
Hauptstadt des Weströmischen Reiches (vgl.
Station 1). Damit begann der Aufstieg Triers zu
einer der bedeutendsten Städte der damaligen
christlichen Welt (neben Jerusalem, Rom und
Konstantinopel).
Um 330 legte Konstantin den Grundstein zur
antiken römischen Bischofskirche. Der erste
Bischof war Eucharius, ein Schüler von Petrus.
Bis weit ins Mittelalter nutzte das Trierer Bistum
diese sogenannte Apostolische Sukzession
(Nachfolge) als Machtmittel zur Unterstreichung
der Bedeutung des Trierer Bistums für das
Christentum.
Mit der Gründung durch Konstantin entstand
ein spätantiker Kirchenbezirk mit mehreren
Kirchenbauten. Es waren die Anfänge der
Civitas Sancta – der Heiligen Stadt Trier, die
auch bisweilen als zweites Rom (Roma
secunda) bezeichnet wurde. Unter den
Bischöfen Nicetius (Bischof von 525/526 bis
566) und Mangerich (Bischof von 566 bis etwa
586) wurden die antiken Kirchengebäude
saniert und es kam zur Gründung erster Klöster
in der Region.
Mit den Zerstörungen der Kirchenanlage im
Jahr 882 durch die Normannen beginnt die
mittelalterliche Geschichte der Anlage. Auch
wenn die Zerstörungen nicht gravierend waren,
führten sie in den darauffolgenden rund 200
Jahren zu einer umfassenden Umgestaltung der
antiken Kirchenanlage zur heutigen
Doppelkirchenanlage mit Dom und
Liebfrauenkirche.
Der Dom ist sicherlich das (stadtgeschichtlich)
bedeutendste Bauwerk Triers und ist aus der
antiken Nordostkirche entstanden. Sein
heutiges Aussehen erhielt der Dom im Laufe
des 12. und 13. Jahrhunderts. Damals wandelte
sich der Dom zu einem der schönsten
Bauwerke der Romanik. Trotz dieses Umbaus
stammen manche der Mauern noch aus
römischer Zeit. Besonders beeindruckend ist
die zur Domfreiheit zeigende Westfront des
Doms, die unter dem Erzbischof Poppo von
Babenberg entstand.
Die direkt an den Dom angrenzende
Liebfrauenkirche befindet sich dort, wo in der
Antike die Südostkirche lag. Da die Kirche im
13. Jahrhundert sehr baufällig geworden war,
riss man sie kurzerhand komplett ab und
errichtete innerhalb weniger Jahrzehnte die
heutige, gotische Kirche. Seit dieser Zeit hat
sich das Aussehen der Liebfrauenkirche kaum
mehr verändert. Heute gilt sie als eine der
ältesten und schönsten Kirchen der Gotik in
Deutschland.
Die mittelalterlichen Erzbischöfe errichteten
jedoch nicht nur die bis heute erhaltene
Doppelkirchenanlage aus Dom und
Liebfrauenkirche, sondern statteten sie auch
mit zahlreichen Kunstwerken aus. Ab dem
frühen Mittelalter wurden die Kirchen reicher
und immer wieder neu ausgestattet. Diese
Reliquien, Altäre und liturgischen Schriften
bildeten den Grundstock des zunehmend größer
werdenden Domschatzes. Heute ist es der
größte seiner Art in Deutschland.
Im Hochmittelalter buhlten die Erzbistümer des
Heiligen Römischen Reiches um die Gunst der
Pilger und Wallfahrer, denn diese spülten
nicht nur Geld in die damals klammen
Kirchenkassen, sondern führten zugleich
aufgrund von Übernachtungen und dem Kauf
von Erinnerungsstücken zu einem
wirtschaftlichen Aufschwung der Bistumsstädte.
Nicht nur der Dom, sondern auch die Klöster
der Umgebung konnten sich daraufhin
Umbauten leisten und damit wieder mehr
Wallfahrer anziehen. Manche bezeichnen diese
Entwicklung als „Wettrüsten mit Heiligkeit“
1
. Zu
dieser Zeit kamen zahlreiche Reliquien in den
Domschatz, unter anderem der Heilige Rock
(Fragment der Tunika von Jesus), die Gebeine
des Apostels Matthias und ein Heiliger Nagel
(mit dem Jesus an das Kreuz genagelt wurde).
In den Skriptorien der Klöster des Bistums
entstanden kostbare Schriften und Bücher.
Besonders der Erzbischof Egbert gilt als ein
großer Förderer der Kunst und Kultur seiner
Zeit. Damals ließ er mehrere herausragende
Schriften in Klöstern erstellen. Vor allem der
wunderschöne „Codex Egberti“ gilt als
herausragendes Werk mittelalterlicher
Buchkunst. Zwischen 980 und 993 im Kloster
Reichenau entstanden, zeigt der Bilderzyklus
Darstellungen aus dem Leben von Jesus. Seit
2004 gehört er zum Weltdokumentenerbe der
UNESCO.
Ein weiteres herausragendes Werk ist das Ada
Evangeliar, welches ursprünglich an der
Hofschule von Karl dem Großen in Aachen
entstanden ist. Der Name Ada leitet sich von
der angeblichen Schwester Karl des Großen ab,
der die Handschrift der Trierer Abtei St.
Maximin geschenkt haben soll. Das Ada
Evangeliar enthält die vier Evangelien in
lateinischer Schrift. Auch dieses Werk gehört
zum Weltdokumentenerbe der UNESCO.
Beide Werke werden in der Stadtbibliothek Trier
ausgestellt und können gegen Eintritt
bewundert werden.
Auf jeden Fall sollte man einen Blick ins Innere
der Doppelkirchenanlage werfen. Die
Kunstwerke des Doms sind zu großen Teilen
jüngeren Datums, weshalb sie in diesem
Entdeckerpfad nicht behandelt werden.
Codex Egberti - Widmungsbild mit thronendem
Erzbischof Egbert
Der Codex Egberti, sign Hs 24, folio 2, Widmungsbild mit thronendem Erzbischof
Egbert
Ada Evangeliar - Evangeliar Deckel
Das Ada Evangeliar, Sign. Hs 22, Deckel
Ada Evangeliar - Evangelist Marcus
Das Ada Evangeliar, Sign. Hs 22, folio 59v, Evangelist Marcus