Seelturm

Der Seelturm wurde im 14. Jahrhundert errichtet und war ein Wehrturm der mittelalterlichen Stadtmauer. Sein Name kommt daher, dass vor dem Turm das Seelhaus lag. Dies war im Mittelalter ein Haus, welches von Ordensschwestern geleitet wurde. Hier fanden die „armen Seelen“ eine Bleibe. Viele von ihnen hatten damals unheilbare und teils leicht ansteckende Krankheiten und waren daher aus der Stadt verbannt worden – die Aussätzigen beispielsweise, die an Lepra erkrankt waren. Sie hatten das schwerste Los in der mittelalterlichen Gesellschaft und lebten meist unsichtbar vor den Städten. Tagsüber gingen manche von ihnen in der Stadt betteln, mussten jedoch vor dem Schließen der Stadttore diese wieder verlassen haben. Ab 1638 wurde der Turm zu einem Wasserturm ausgebaut und damit Teil der Wasserver- sorgung Ulms. Zu dieser Zeit entstand auch das vieleckige Brunnenhaus vor dem Turm. Die ausgefeilte Wasserversorgung in Ulm reicht weit bis ins Mittelalter zurück. Schon um 1340 hatte die Reichsstadt in der damaligen Stadtmauer ein erstes Pumpwerk errichtet, um Wasser aus dem Stadtgraben zu einem der städtischen Brunnen zu pumpen. Der vor der Stadtmauer verlaufende Stadtgraben wurde von der Blau gespeist. Die Pumpen wurden durch große Wasserräder von Mühlen angetrieben. Das Wasser wurde so zu einem der städtischen Brunnen gebracht, wo die Bürger ihr Trink- und Brauchwasser holten. Der Stadtmauerdurchbruch, und damit der Torbogen, ist erst 1870 entstanden und später nochmals vergrößert worden.
Stadtmauerdurchbruch [1] mit Grabenhäuschen [2], Seelturm [3] und Seelhausbrunnenwerk [4]
ungefährer Verlauf der früheren Befestigungsanlagen: hochmittelalterliche Stadtmauer Donaustadtmauer spätmittelalterliche Stadtmauer Befestigungsanlage des 16. / 17. Jh. [in Anlehnung an Scheschkewitz 2019]
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