Gänsturm
Die Reichsstadt Ulm wuchs durch den
florierenden Handel rasch und die alten
Stadtmauern wurden bald viel zu eng. Im 14.
Jahrhundert kam es zu einer großen
Stadterweiterung. Ab etwa 1316 wurde eine
neue Stadtmauer mit einer Höhe von rund neun
Metern errichtet, dadurch vervielfachte sich die
Stadtfläche und Ulm wurde zu einer der
bedeutendsten Handelsstädte an der Donau.
Der Gänsturm ist das letzte erhaltene
Stadtmauertor dieser mittelalterlichen
Stadtmauer.
Der untere Turmbereich wurde aus Steinen aus
der alten, staufischen Stadtmauer errichtet und
ist deutlich älter als der obere Turmbereich aus
Ziegelsteinen. Dieser obere Turmbereich wurde
auf 1495 datiert. Es ist unklar, wie genau diese
Altersdiskrepanz zustande kommt.
Man kann von Glück reden, dass der Gänsturm
erhalten geblieben ist. Ursprünglich sollte
dieser, wie auch die übrigen Stadttore, im Laufe
des 19. Jahrhunderts abgerissen werden. Die
Stadtmauer und der Turm waren den
Stadtplanern im Weg. Nur durch Proteste der
damaligen Bevölkerung konnte der Abriss
verhindert werden.
Ist solch ein Bauwerk erst einmal zerstört, wird
es meist nicht wieder rekonstruiert. Unsere
heutigen Entscheidungen prägen also die
Lebenswelt der nachfolgenden Generationen.
Können wir solch verantwortungsvolle
Entscheidungen treffen? Und wer bewertet,
welche Zeugnisse der Baukultur und der
Stadtgeschichte zerstört werden dürfen bzw. ob
man sich für den Erhalt einsetzt?
Die Gänse waren namensprägend für den
Gänsturm. Durch das Tor wurden die Gänse auf
die Donauwiesen vor der Stadt getrieben. Im
Mittelalter war es üblich, dass die Tiere in der
Stadt gehalten wurden. Jeder Bürger hatte
immer ein paar Hühner, Ziegen und andere
„Nutztiere“ – und eben auch Gänse.