Schwabes Garten ist der letzte erhaltene Teil des einstigen Anwesens der bedeutenden jüdischen Kaufmannsfamilie Schwabe-Barlewin (vgl. Station 9). An der Ecke Haferkampstraße / Neumarktstraße stand bis in die frühen 1970er Jahre ihr Wohn- und Geschäftshaus.Die Familie Schwabe, später Schwabe-Barlewin, blickt auf eine lange Geschichte in Varel zurück. Schon im 18. Jahrhundert lebte die Familie in der Stadt und betrieb über sieben Generationen hinweg einen florierenden Textilhandel. Aus dem späten 18. Jahrhundert sind sogenannte Judenschutzbriefe bekannt. Zu dieser Zeit mussten jüdische Mitbürger sich beim Landesherrn eine Erlaubnis auf Niederlassung einholen, den Schutzbrief. Dieser war mit entsprechenden Kosten verbunden und zeigt, wie jüdische Mitbürger jahrhundertelang unterdrückt und als Bürger zweiter Klasse behandelt wurden – lange vor den Schrecken des Dritten Reiches.Noch bis ins frühe 19. Jahrhundert war es jüdischen Bürgern verboten, Eigentum zu erwerben. Nach 1827 kaufte die Familie das Eckgrundstück Haferkampstraße / Neumarkt-straße und errichtete ein Haus samt Hinter-scheune. Das Grundstück war langgezogen, im Bereich der Parkanlage „Schwabes Garten“ lag der Garten der Familie. Im Laufe des 19. Jahrhundert war die Kaufmannsfamilie Schwabe-Barlewin in Varel durchaus geschätzt und sehr erfolgreich. Zwischenzeitlich gehörte sie zu den reichsten Kaufmannsfamilien der damaligen Herrschaft. Mehrere Familienmitglieder saßen zumindest zeitweise im Stadtrat von Varel. Das Wohnhaus wurde immer wieder umgebaut. Um 1900 zählte es architektonisch betrachtet zu den interessantesten Häusern des damaligen Landes Oldenburg.Im Laufe des frühen 20. Jahrhundert nahmen die Übergriffe auf die jüdische Gemeinde in Varel deutlich zu, was auch die Familie Schwab-Barlewin zu spüren bekam. Kurz vor den Novemberpogromen von 1938 floh sie über Hamburg in die USA und baut sich dort ein neues Leben auf. Im Jahr 1940 musste sie auf Druck der nationalistischen Herrschaft des NS-Regimes ihr Haus in Varel an einen Kaufmann verkaufen, was einer Enteignung gleichkam. Erst im Jahr 1956, lange nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, erhielt die nun in den USA lebende Familie das Gebäude zurück.Etwa 20 Jahre später, im Jahr 1974, kaufte die Stadt Varel das Gebäude. Mit der Begründung der Baufälligkeit wurde das Gebäude nur ein Jahr später abgerissen. Anstelle dieses stadtgeschichtlich bedeutenden Baus wurde ein Parkplatz angelegt. Heute erinnert - außer einer Gedenktafel - nichts mehr an die jüdische Geschichte der Familie Schwab-Barlewin. Im Heimatmuseum sind einige der Kacheln des ehemaligen Kachelofens der Familie erhalten. Es ist ein erschreckendes Beispiel, wie achtlos man noch in den 1970er Jahren mit der jüdischen Geschichte und der Erinnerungskultur umgegangen ist. Seit 2014 wird Schwabes Garten von der NABU Ortsgruppe betreut. Es entstand eine Obstwiese, ein Blühstreifen für Insekten und Nisthilfen für Tiere.
ungefähre Lage von Schwabes Garten mit Wohn- und Geschäftshaus und Scheune