Edessehof
Das Straßennetz von Varel, wie wir es heute
vorfinden, entstand erst im 18. bzw. 19.
Jahrhundert. Zuvor war Varel eher ein Dorf.
Eine enge Bebauung gab es nur rund um die
Kirche und das Schloss. Die Apotheke war das
letzte Haus des damaligen Ortes (vgl. Station
7). An dieser Stelle befand man sich bereits
außerhalb des Dorfes, hier erstreckten sich
Felder. Hier und da stand noch ein Bauernhof in
Alleinlage.
Südlich der heutigen Obernstraße lag das Land
des Edessehofes. Die genaue Geschichte dieser
großen landwirtschaftlichen Hofanlage ist
unbekannt. Möglicherweise reichen die Anfänge
bis ins 9. Jahrhundert zurück, als die Region
von Karl dem Großen christianisiert wurde.
Anschließend gehörte der Hof den Grafen von
Oldenburg bzw. dem Kloster von Rastede. Der
Abt Otto von Oldenburg (*um 1204, †um 1285)
des Klosters Rastede soll den Hof zwischen
1270 und 1285 an die Häuptlinge von Varel /
friesische Häuptlinge verkauft haben. Der
damalige Häuptling Ede kaufte den Hof und gab
ihn seinen Namen, der Edessehof. Damals
wurde der Hof, der weit vor dem Dorf Varel lag,
ausgebaut und benötigte keinen Schutz der
Kirche da er eine eigene Verteidigungsanlage
hatte. Dadurch wurde der Edessehof der
Wohnort der Häuptlinge von Varel, den
damaligen Stadtherren.
Als Varel zunehmend in den Einflussbereich des
Oldenburger Grafenhauses kam, verlor der
Edessehof mit einem Ausbau der Burg Varel im
16. Jahrhundert seine Bedeutung als Wohnhaus
der Häuptlinge. Um 1600 war der Hof zu einem
Wirtschaftshof der Burg Varel geworden und
nun als Futterhof bzw. Etzehof bekannt. Etzehof
leitet sich von dem Wort Atzung ab, welches ein
alter Begriff für eine Mahlzeit ist. Um 1650
wurde der Edessehof zunehmend unbedeutend.
Mit dem Ausbau der Burg Varel zum Schloss für
Anton I. von Aldenburg wurde der Edessehof
aufgegeben. Auf dem nun nah am Stadtrand
liegenden Flächen entstanden ab 1648
Wohnungen für Bedienstete des Hofes,
hauptsächlich für Bauern und Handwerker. Von
diesen Gebäuden ist heute keines mehr
erhalten.
An der Stelle eines vorherigen kleinen
Bauernhauses wurde 1770 die bis heute
erhaltene alte Scheune errichtet, das
dazugehörige Wohnhaus ist nicht erhalten. Der
Hof war zunächst ein sogenannter
Häuslingshof. Die Häuslinge waren einfache
Landarbeiter, die auf dem Bauernhof des Grafen
arbeiteten und dafür mietfrei oder gegen
geringe Miete in dem Haus wohnen durften.
Heute ist die alte Scheune das letzte erhaltene
Bauernhaus der Kernstadt und lässt erahnen,
wie das mittelalterliche und neuzeitliche Varel
einst ausgesehen hat.