Rund um die Wanfrieder

Schlagd

Jahrhundertelang war die Werra der Schlüssel zu einer florierenden Wirtschaft in Wanfried. Manche Quellen lassen vermuten, dass man schon im 8. Jahrhundert auf / an der Werra handelte. Im Jahr 1152/1153 wird der Handel auf der Werra erstmals urkundlich erwähnt. Damals sah die Werra noch ganz anders aus: besonders im frühen Mittelalter war es ein wilder Flusslauf mit zahlreichen Untiefen und Stromschnellen. Die im Fluss liegenden Sandbänke veränderten immer wieder ihre Lage. Im Mittelalter gab es zwei verschiedene Schiffsarten: Plankenschiffe und Einbäume. Manchmal wurden Einbäume auch zu größeren Flößen zusammengebunden, um schwerere bzw. größere Waren zu transportieren. Die eingesetzten Boote und Schiffe waren sogenannte Flachboote, die über keinen Kiel verfügten. Dadurch konnten sie auch Untiefen leichter passieren, andererseits war die Gefahr des Kenterns größer. Im Jahr 1608 erhielt Wanfried das Stadtrecht, wodurch der Handel auf der Werra deutlich zunahm und es zu einem Wirtschafts- aufschwung kam. In den darauffolgenden Jahrhunderten entwickelte sich Wanfried zur Drehscheibe für Güter aus Thüringen, Sachsen und Bayern. Vor allem mit Getreide wurde gehandelt. Über die Werra gingen die Waren weiter bis in den Hafen von Bremen (genauer nach Bremen-Vegesack, dem damaligen Stadthafen Bremens). Damit entstand mit der Zeit ein reger Handel zwischen Wanfried und Bremen, denn im Gegenzug kamen (Kolonial-) Waren aus Bremen nach Wanfried und wurden hier auf dem Landweg nach Thüringen, Sachsen und Bayern weitertransportiert. Gestärkt wurde der Handel durch eine gute Beziehung zu der nahen Reichsstadt Mühlhausen, die den Hafen auch als Umschlagplatz nutzte. Es bleibt unklar, ob Wanfried das Stapelrecht je verliehen wurde. Jedenfalls nutzte die Stadt dieses Privileg ab 1609, um weitere Gewinne einzufahren. Ein Bescheid des Geheimen Rates des Kurfürstlichen Handels- und Gewerbe- vereins aus dem Jahr 1797 stellte fest, dass das von Wanfried genutzte Stapelrecht nie verliehen wurde 2 – eine etwas kuriose Erkenntnis. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts nahm die Bedeutung des Hafens ab, weil sich der Warenverkehr zunehmend auf die Eisenbahn verlagerte. Mit dem Bau der heutigen Schagd- straße wurde die alte Schlagd zusätzlich zerschnitten. Dennoch kann man sich ganz gut vorstellen, wie es hier einst ohne die Straße und die Flutbrücke ausgesehen hat. Noch heute sind manche der damaligen Handels- und Lagerhäuser erhalten.
2 Henze et al. (2007): Wanfried. 400 Jahre Stadtrechte, S. 19
Das Wort Schlagd kommt vom mittelhochdeutschen Wort für das Einschlagen von Holzpfählen in den Boden zum Bau von Hafenanlagen in schlammigen Gebieten.
alte Abbildung von der Wanfrieder Schlagd Bildnachweis: Wanfried Schlagd, 1800 (Gemälde von Ernst Metz, 1952); Ernst Metz 1952, GenWiki Commons
 OpenStreetMap contributors
Wanfried um 1850 mit Schlagd und Lagerhäuser Kartengrundlage: Hessisches Staatsarchiv Marburg, Inventar-Nr. P II 12032/001