St. Georgen zu Wismar

Die 1229 erstmals erwähnte Siedlung Wismar bestand aus zwei Stadtkernen um die Kirchen St. Marien und St. Nikolai. Durch den rasch wachsenden Handel im Hafen wuchsen die beiden Siedlungskerne zu einer größeren Siedlung zusammen und schon bald reichte der Platz für die vielen neuen Bewohner nicht mehr aus. Daher wurde die Stadt nach Westen hin vergrößert und die „Neustadt“ entstand. Als Keim der Neustadt wird die Gründung der Kirche St. Georgen betrachtet, die 1255 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Durch die Besiedlung der „Neustadt“ erhielt Wismar seine mittelalterliche Größe. Bald danach wurde um Wismar eine Stadtmauer errichtet und die Stadtgrenzen blieben damit für Jahrhunderte konstant. Wie genau diese erste Kirche St. Georgen genau ausgesehen hat, ist nicht mehr zu rekonstruieren. Die letzten Mauern dieses ersten Baus befinden sich im Chorbereich, wo einige Grundmauern noch erhalten sind. Ab etwa 1290 wurde bereits mit dem Neubau der heutigen Kirche begonnen. Zunächst wurde der Chor errichtet. Immer wieder kam es zu Geldnot und damit verbundenen Baustopps. Ab 1404 wurde mit dem Langhaus und den Querschiffen begonnen. Ab dann dauerte der Bau der riesigen Kirche weitere rund 200 Jahre. Erst 1594 wurde der Bau abgeschlossen. Nach den schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg verblieb die Kirche bis 1990 als Ruine. Seit 2010 erstrahlt sie wieder in altem Glanz. Weil jedoch im Krieg große Teile der Innenausstattung unwiederbringlich zerstört wurden, ist sie heute eher schlicht ausgestattet und wird als Veranstaltungsraum genutzt. Dennoch ist es ein beeindruckendes Bauwerk mit einer atemberaubenden Atmosphäre. Die Kirche zählt zu den größten sakralen Bauten an der Ostsee und prägt mit ihren Dimensionen die Silhouette der Stadt. Mehrere Generationen lang wurde an dem Bau der Kirche St. Georgen gearbeitet. Diejenigen, die im späten 13. Jahrhundert den Grundstein zum Chor legten, taten dies im vollen Bewusstsein, nie das vollendete Bauwerk bestaunen zu können. Solch eine lange Bauzeit oder das Verfolgen eines gemeinsamen gesellschaftlichen Zieles über mehrere Generationen hinweg wäre in der heutigen Zeit undenkbar. Heute müssen Projekte schnell und überschaubar sein. Kaum jemand traut sich, über Visionen und kühne Vorstellungen zu sprechen, geschweige denn ein Projekt zu initiieren, dass Jahrhunderte dauern wird. Dies zeugt von Innovation und Technik, aber auch von der Schnelligkeit und Schnelllebigkeit.
alte Ansicht von St. Georgen
Blick vom Hafen mit St. Georgen