Krambuden
Die mittelalterliche Stadt Wolfenbüttel erlebte
zu Zeiten des Herzogs Julius eine Blütezeit und
wurde durch den Handel mit beispielsweise
Erzen aus dem Harz wohlhabend. Zudem ließ
der Herzog eine Handwerker- und
Handelssiedlung errichten. Viele prächtige
Gebäude entstanden in der neu angelegten
„Heinrichstadt“.
Neben dem Bau von neuen Häusern wurde
zudem ein Netzwerk von Kanälen bzw.
Grachten angelegt. Diese werden heute als
Wolfenbütteler Wasserwege bezeichnet (vgl.
Station 6). Das weitverzweigte Netz an Kanälen
wurde durch das Wasser der Oker gespeist und
ermöglichte an vielen Stellen in der Stadt den
Bau von Häfen oder Anlegestellen. Dadurch
hatten Gebäude sowohl Zugang zum Wasser als
auch zu Straßen und Handelswaren konnten
sowohl per Schiff als auch auf dem Landweg
transportiert werden. Zwischen der
Heinrichstadt und dem Schlossbezirk lag ein
etwa 10 Meter breiter Graben, der das
Schlossareal schützte. Ein Tor mit
Zugseilbrücke verhinderte zudem das
Eindringen von Unbefugten.
Wolfenbüttel wurde im Zweiten Weltkrieg von
Zerstörungen weitestgehend verschont und hat
sich damit sein mittelalterliches Stadtbild
bewahrt. Fast jedes Haus in der Altstadt ist ein
Fachwerkbau, auch wenn es auf den ersten
Blick nicht so aussieht.
Fachwerkhäuser zählen zu den ältesten
Hausformen der Menschheit. Bereits um 4000
v. Chr. gab es im heutigen Baden erste
Nachweise von Fachwerkhäusern. Im Mittelalter
wurde dieser Baustil perfektioniert und immer
komplexere Hausformen konnten entstehen.
Interessanterweise kommt die
Grundkonstruktion eines Fachwerkhauses fast
ohne Nägel aus. Die Holzbalken werden durch
Holzverbindungen miteinander verbunden.
Diese sind so stabil, dass sogar mehrstöckige
Bauten entstehen konnten.
Dieser Stadtbereich wird Krambuden genannt.
Bis ins 17. Jahrhundert war er unbebaut und
Händler (Krämer) boten ihre Waren (Kram) in
leicht beweglichen Verkaufsständen
(Krambuden) an. Erst im 17. Jahrhundert
entstand die heutige Bebauung mit
Fachwerkhäusern. Ein Teil der Straße führt über
die Oker und ist eine sogenannte bebaute
Brücke. Die Bauweise der Häuser mit den
Arkaden ist einmalig in Norddeutschland und
erinnert an alpenländische Architektur.
Das Wort „Kram“ kennt man auch heute noch.
Es haben sich zahlreiche Redewendungen
entwickelt:
herumkramen
(planlos suchen)
den Kram hinschmeißen
(eine Sache aufgeben)
der kann seinen Kram zusammenpacken
(ist hier nicht mehr gerne gesehen, hat hier
keine Chance mehr)
nicht mit solchem Kram daherkommen
(Unsinn reden, mit Nichtigkeiten
argumentieren)
es passt mir nicht in den Kram
(nicht ins Sortiment / in die Situation passen)
Geheimniskrämer
(jemand, der nicht alles offenbart)
Krimskrams
(Wortverstärkung für unnütze, ungeordnete
Dinge)
Verlauf der Wasserwege und Besiedelung im 16.
Jahrhundert (verändert, in Anlehnung an die
Druckvorlage zu Thöne 1952)