Zionskirche und Friedhof

Nachdem wir kurz die aktuelle Situation Worpswedes betrachtet haben, wenden wir uns nun zunächst einmal den Anfängen der Siedlung - lange vor der Künstlerkolonie - zu. Bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts war Worpswede ein kleines, unbedeutendes Moorbauerndorf, das inmitten des damals undurchdringlichen Teufelsmoors lag. Es gehörte zum Klosterbezirk Osterholz, ein ehemaliges Kloster etwa 10 Kilometer westlich von hier. Die wenigen Bauern in Worpswede waren trotz der großen Armut dem Kloster abgabepflichtig und litten zudem unter den mageren Ernten. Das Leben war alles andere als einfach. Aufgrund der Armut kam es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen zwischen den Bauernfamilien. Diese Zustände kümmerten die damaligen Herrscher über das Land wenig, das Moor galt als Ödland – nutzlose Landesfläche. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die staatliche Moorkolonisation verfolgt, getrieben durch den Druck, die steigende Bevölkerung im Königreich Hannover zu ernähren. Die Hannoveraner Landesherren entdecken zu dieser Zeit den Wert im Ödland des Moores. Sie erhofften, die Moore als ertragreiche Ackerflächen zu gewinnen. Der Baumeister und Landesvermesser Christian Findorff (*1720, †1792) kümmerte sich im Auftrag des Hannoveraner Königshauses um die Urbarmachung des Moores, die er sehr erfolgreich verfolgte. Ab dem Jahr 1771 wird er sogar zum königlichen Moorkommissar berufen. Immer mehr Gräben wurden durch das Moor gezogen, Wege ausgebaut und Dörfer neu gegründet. Die bestehenden Dörfer wurden ausgebaut und an ein neues Wegenetz angeschlossen. In dieser Zeit wurde auch die Worpsweder Zionskirche errichtet und im Jahr 1759 geweiht. Hierdurch sollte der Ort nicht nur für Neubürger attraktiver werden, sondern auch die „wilden“ Moorbauern zähmen. Zunächst waren die Pastoren besonders autoritär, um „Zucht und Ordnung“ nach Worpswede zu bringen. Das Innere der Kirche ist komplett aus Holz gestaltet und wurde nach strikten Vorgaben des Hannoveraner Hofes errichtet. Hier war die Vorgabe, die Kirche „auf das simpelste und mit Vermeidung aller unnützer Zierde“ (Wortlaut der damaligen Vorgabe) zu errichten. Zu dieser Zeit verschlang die Erschließung des Moores große Mengen an Geld, ohne dass klar war, ob diese Erschließung schlussendlich einen Gewinn für das Königreich Hannover darstellte. Der die Kirche umgebende Friedhof erzählt viel von der Geschichte Worpswedes. Es ist ein Ort der Ruhe, hier liegen viele bekannte Künstler Worpswedes begraben. Nimm dir etwas Zeit und genieße die Ruhe dieses Ortes, schlendere über den Friedhof und entdecke die oftmals kunstvoll verzierten Grabsteine bekannter Künstler Worpswedes.
Zionskirche
Über dem Nordeingang der Kirche hängt eine große Sandsteintafel. Zu Zeiten, als die Kirche errichtet wurde (1757-1759), tobte gerade der Siebenjährige Krieg, auch in Nordamerika. Damals war das Königsreich Hannover in Personalunion mit dem Britischen Königshaus verbunden und unterstützte Großbritannien personell und materiell. Daran erinnert die lateinische Inschrift auf der Tafel. Inter medios belli tumultus | Haec Aedes Sacra | Annuente DIVINI NUMINIS Gratia | Ecclesiæ Ruricolarum | Ex paludibus circumjectis, ab ævo incultis | collectæ Munificentia REGIS AUGUSTISSIMI GEORGII II | sub Auspiciis et Cura Cameræ REGIÆ DOMINICÆ | FUNDATA, POSITA, DICATA | Anno redemtæ Salutis | MDCCLIX. Übersetzung ins Deutsche: Inmitten kriegerischer Tumulte ist dieses heilige Bauwerk durch den Beistand göttlicher Gnade als Kirche der Landbewohner der ringsum liegenden, von Urzeiten her unbebauten Moore durch die Freigiebigkeit des erhabensten Königs Georg II. unter der Aufsicht und Fürsorge der königlichen Domänenkammer gegründet, errichtet, geweiht im Jahre des wiedererlangten Heils 1759.
Im Sternenkranz über dem Altar sieht man eine hebräische Inschrift. Es ist das Tetragrammaton des hebräischen Namens Gottes יהוה. Der Name Gottes erscheint im Tanach (hebräische Bibel) immer als selbständiges Wort aus den hebräischen Konsonanten Jod, He, Waw, He. Sie ergeben von rechts nach links gelesen das Tetragramm (Vierfachzeichen) יהוה „JHWH“.