Lusamgärtchen

Das Lusamgärtchen, auch Lusamgärtlein, ist ein kleiner Innenhof hinter der Neumünsterkirche. Es war der Kreuzgang des Stifts Neumünster (vgl. Station 2) und wurde bis in die frühe Neuzeit als Friedhof genutzt. Heute zählt der kleine Innenhof zu den schönsten Ecken der Stadt und ist noch immer ein Geheimtipp. Im Jahr 1953 wurde eine originale Arkadenreihe aus einem Museum geholt und an ihrer ursprünglichen Stelle wiederaufgebaut. Dadurch bekommt der Ort ein ganz besonderes Ambiente. Im Lusamgärtchen wurde der Überlieferung nach auch der bekannte, mittelalterliche Minnesänger Walther von der Vogelweide bestattet, auch wenn man sein ursprüngliches Grab nie identifiziert hat. Er gilt als der bedeutendste Minnesänger des Mittelalters und lebte von etwa 1170 bis 1230. Seine Werke verfasste er in Mittelhochdeutsch, der damaligen Sprache (vgl. Station 14). Daher sind seine Lieder und Gedichte etwas schwer zu verstehen. Trotz seiner großen Bekanntheit und seinen zahlreichen Schriften und Liedern ist bis heute kaum etwas über ihn als Person und sein Leben bekannt. Noch immer ist es unklar, wer er überhaupt war, wo er geboren wurde und wie er zu der großen Bekanntheit kam. Eines seiner bekanntesten Gedichte ist das „Ich hân mîn lêhen“. Im Jahr 1930 wurde ihm der hier stehende Gedenkstein errichtet. Auf dem Stein findet man vier Näpfe für Vögel. Bei seinem Tod soll Walther von der Vogelweide nämlich verfügt haben, dass an seinem Grab die Vögel täglich gefüttert werden sollen. Bis heute findet man hier auch oft frische Blumen, die Gäste aus nah und fern niederlegen.
Ich hân mîn lêhen Mittelhochdeutsch und Neuhochdeutsche Übersetzung: [28,31] Ich hân mîn lêhen, al die werlt, ich hân mîn lêhen. Ich hab’ mein Lehen, alle Welt, ich hab’ mein Lehen! nû enfürhte ich niht den hornunc an die zêhen, und wil alle boese hêren dester minre flêhen. Nun fürchte ich nicht mehr den Februar an den Zehen und werde alle schlechten Herren um nichts mehr bitten. der edel künec, der milte künec hât mich berâten, daz ich den sumer luft und in dem winter hitze hân. Der edle König, der mildtätige König hat für mich gesorgt, dass ich im Sommer kühle Luft und im Winter Wärme habe. mîn nâhgebûren dunke ich verre baz getân: si sehent mich niht mêr an in butzen wîs als si wîlent tâten. Bei meinen Nachbarn bin ich viel geschätzter: Sie sehn mich nicht mehr als Schreckgespenst, wie sie es einst taten. [29,1] ich bin ze lange arm gewesen ân mînen danc. Ich bin zu lange arm gewesen ohne meine Schuld; ich was sô volle scheltens daz mîn âten stanc: daz hât der künec gemachet reine, und dar zuo mînen sanc. ich war so voller Schelte, dass mein Atem stank. Das hat der König rein gemacht und mein Singen dazu. (Lachmann) Anmerkungen von Lachmann: 36. minen (C), 1. arn (C)