Marienkapelle

Wie bereits angedeutet, ist die heutige Marienkapelle eng mit der jüdischen Geschichte Würzburgs verbunden. Diese Gemeinde war im Mittelalter eine der bedeutendsten in Süddeutschland und hat eine sehr lange Geschichte. Nachdem es im Rheinland im späten 11. Jahrhundert zu ersten Pogromen gekommen war, fanden viele Juden hier in Würzburg eine neue Heimat und gründeten rund um die heutige Marienkapelle eine erste Siedlung. Damals war dieser Stadtbereich mit seinem sumpfig-morastigem Boden noch unbebaut. In den kommenden 150-200 Jahren florierte die Gemeinde und gelangte zu überregionaler Bedeutung. Sie pflegte europaweite Kontakte und prägte das damalige jüdische Leben in Deutschland. Bereits 1298 kam es zu einem ersten Pogrom (Rintfleisch-Pogrom), bei dem etwa 840 Juden ermordet wurden. Um 1350 kam es dann zu einem erneuten Pogrom (Pest-Pogrom), bei dem viele Juden ihr Leben ließen und das jüdische Viertel in Brand gesteckt wurde. Damals haben sich viele Bürger sich bei der jüdischen Gemeinde Geld geliehen und standen so in deren Schuld. Um sich dieser Last zu befreien und um einen Schuldigen für die damals grassierende Pest zu haben, kam es zum Pest-Pogrom. Nach dem Pest-Pogrom war die Glanzzeit der jüdischen Gemeinde beendet. In den kommenden 100 Jahren kam es immer wieder zu Anfeindungen und Spannungen zwischen den Konfessionen. Im Jahr 1560 wurde alle Juden aus dem Würzburger Bistum vertrieben und ab 1575 wurde die Niederlassung jüdischer Bürger verboten (galt bis ins frühe 19. Jahrhundert). Nach der Zerstörung des jüdischen Viertels wurde der Bereich zu einem Marktplatz umgestaltet. An der Stelle der Synagoge wurde eine hölzerne Marienkapelle errichtet - symbolisch sollte sie den Sieg der christlichen Konfession über das Judentum verbildlichen. Angebliche Wunderzeichen in der Kapelle führten zu einer Wallfahrtstätigkeit von kurzer Dauer. Diese ließ jedoch die Kassen klingeln, sodass schon bald genug Geld zusammengekommen war, um die heutige Marienkapelle zu errichten. Trotz ihrer Größe erlangte die Kapelle nie den Rang einer bürgerlichen Pfarrkirche. Zudem wurde sie nicht nur durch die Bürger finanziert, sondern auch der Bischof stellte Gelder zur Verfügung. Im Jahr 1479 war der Bau weitestgehend vollendet. Der heutige Turm wurde erst deutlich später (1857) errichtet. Als Vorbild diente der Kirchturm der Esslinger Frauenkirche.
Altes Gemälde der Marienkapelle um 1845