Um den Ulmer Spatz rankt sich folgende Sage:
Als die Ulmer Bürgerschaft mit dem Bau des
Dachstuhls des Münsters begann, waren sie
frohen Mutes auf einen schnellen Baufortschritt.
Mit großen Wagen und Sägen zogen sie in die
nahen Wälder, um Stämme für den Dachstuhl
zu fällen. Sie kamen gut voran und legten die
vielen Stämme quer auf die Wagen, um das
Holz dann zum Münster-Bauplatz zu schaffen.
Als sie sich dem Stadttor näherten, merkten
sie, dass die Balken links und rechts viel zu
weit überstanden. So würden sie nicht durch
das enge Tor kommen. Die Bürger und der
Bürgermeister waren verzweifelt, denn sie
wussten nicht weiter. Der Frust war so groß,
dass sie sogar erwogen, das Tor abzureißen.
Als die verwirrten und gefrusteten Bürger mit
dem Stadtrat am Tor standen, flog zufällig ein
Spatz vorbei. Im Turm befand sich sein Nest.
Für den Nestbau hatte der Vogel einen
Grashalm im Schnabel. Um zum Nistplatz zu
gelangen, drehte der Spatz den Halm flink im
Schnabel und schob ihn der Länge nach zum
Nest.
Da ging den Ulmern ein Licht auf! Sie legten
also nun die langen Holzbalken nicht quer,
sondern längs auf die Wagen. Und siehe da, sie
konnten problemlos das Tor passieren. Die
Menge jubelte und schloss den Spatz in ihr
Herz.
Bis heute ist die Herkunft dieser Sage unklar,
vor allem weil den Ulmern im Mittelalter viel
handwerkliches Geschick nachgesagt wurde.
Erste Versionen der Sage vom Spatz stammen
aus dem 16. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert
wurde ihm ein Denkmal auf dem Münsterdach
gesetzt.