Marktplatz

Varel hatte nie eine Stadtmauer. Vor 1506 wurde der Ort wahrscheinlich mit Wällen und Palisaden geschützt. Ab etwa 1500 wuchs die Stadt über ihre mittelalterlichen Grenzen hinaus und der Wall mit den Palisaden wurde verlegt. Zusätzlich entstanden drei „Tore“, wobei unklar ist, wie weit diese Toranlagen ausgebaut waren. Schon um das Jahr 1500 lag die Straße „Marktplatz“ innerhalb der „Befestigungs- anlagen“ bzw. an dessen Rand. In kleineren Orten und Städten war es durchaus üblich, dass sich die Handelsplätze am Rand der Siedlungen befanden. Die Lage direkt an einem wichtigen Handelsweg hatte viele Vorteile: Die Händler mussten nicht in die Städte hineinkommen und sparten sich damit Stadtzölle und andere Abgaben. Außerdem standen diese außerstädtischen Märkte nicht unter der Kontrolle der Stadträte, was manches vereinfachte. Es ist unklar, ob hier der erste Handelsplatz der Siedlung Varel war – doch manchmal geben heutige Straßennamen subtil Auskunft über deren jahrhundertealte Bedeutung. Im Mittelalter ging man zum Einkaufen nicht einfach in einen Laden oder Supermarkt. Stattdessen wurden alle Waren des täglichen Bedarfs auf einem der Märkte unter freiem Himmel angeboten. Diese Märkte lagen gerade in den kleineren Orten oftmals nicht auf Plätzen, sondern entlang wichtiger und damit breiterer Straßen. Um 1597 wird die Straße „Marktplatz“ erstmals urkundlich erwähnt. Damals hatte Graf Anton II. von Delmenhorst (*1550, †1619), der Stadtherr Varels, einen Wochenmarkt in der Stadt erlaubt 3 . Auf dem Neumarktplatz am Ende der Straße Marktplatz – sie geht in die Nebbsallee über – wurde erst fast 200 Jahre später, im Jahr 1677 ein erster Marktbetrieb erwähnt 4 . Andere Quellen vermuten einen ersten Marktplatz im Kreuzungsbereich der Hindenburgstraße und der Schlossallee 5 bzw. rund um den heutigen Neumarktplatz. Es bleibt also unklar, wie genau das Marktgeschehen sich in Varel entwickelt hat, wobei eine Marktentstehung entlang der heutigen Straße „Marktplatz“ tatsächlich als am plausibelsten klingt. An der Straße „Marktplatz“ stand anstelle des heutigen Sparkassengebäudes das erste Rathaus Varels, welches im Jahr 1882 errichtet wurde. Erst mit dem Aussterben der Grafenfamilie im 19. Jahrhundert war es den Bürger von Varel erlaubt, eine Selbstverwaltung aufzubauen und damit ein Rathaus zu haben. Zuvor hatte die Grafenfamilie die Geschicke der Stadt geleitet und wahrscheinlich selten die Bürger in ihre Entscheidungen mit einbezogen. Im Jahr 1964 wurde das Rathausgebäude für den Bau des Bankgebäudes abgerissen, wodurch Varel dieses stadtgeschichtlich bedeutende Bauwerk leider verlor.
3 Kuck (1991), S. 94 4 Kuck (1991), S. 101 5 Janßen (1982), S. 59
mögliche Lage der ehemaligen Markt- /Handelsplätze auf heutigem Stadtplan: Straße "Marktplatz" [1], Neumarktplatz [2], Hindenburgstraße / Schlossallee [3]
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