Kaum ein anderes Ereignis erschütterte die Machtverhältnisse in Deutschland mehr, als die Reformation im frühen 16. Jahrhundert – seine Auswirkungen reichten bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts. Angestoßen durch Luther kam es infolge der Reformation zusätzlich zum Aufstand der Bauern, die während des Bauernkrieges für mehr Rechte und Freiheiten kämpften. Durch diese Vorgänge zersplitterte das Heilige Römische Reich noch stärker als ohnehin. Die Glaubenskonflikte verstärkten die Spannungen innerhalb des Reiches. Es folgten fast 100 Jahre voller kleinerer Konflikte, bis die Situation durch den Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges maximal eskalierte. Der Dreißigjährige Krieg zählt zu den schlimmsten Zeiten deutscher Geschichte. Das Deutschordensschloss von Wolframs-Eschenbach wurde zwischen 1619 und 1623 errichtet, kurz nach dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Vielleicht wollte man im Notfall eine herrschaftliche Unterkunft in der „eigenen Stadt“ haben, die damals überaus stark befestigt war1. Das damalige Obereschenbach litt massiv unter den Folgen des Dreißigjährigen Krieges. In diese belastende Zeit fällt auch die Hexenverfolgung in Obereschenbach, die bereits um 1600 begann. Bis 1632 kam es zu drei Verfolgungswellen von „Hexen“. Insgesamt verloren 44 Personen damals ihr Leben. Die Hexenverfolgungen waren Ausdruck der enormen Spannungen in der damaligen Gesellschaft.In Obereschenbach fielen der Hexenverfolgung nicht nur Frauen, sondern auch Männer und Kinder zum Opfer, sie kamen aus allen sozialen Schichten. Die Prozesse basierten meist auf Denunziationen und wurden von der Landesherrschaft angestoßen. Eine gezielte Bereicherung oder Machtsicherung des Deutschen Ordens ist dabei in Obereschenbach nicht erkennbar. Vielmehr zeigte sich der Deutschordensvogt gegenüber der Bevölkerung teils entgegenkommend2.Dies verdeutlicht die Komplexität der gesellschaftlichen Prozesse, die zur Hexenverfolgungen führten.
1
Seitz (2009), S. 125
2
pers. Comm. Geidner (2025)
Im frühen 17. Jahrhundert kam es zu großen gesellschaftlichen und ökologischen Veränderungen, unter anderem sanken die Durchschnittstemperaturen in Europa durch die sogenannte „Kleine Eiszeit“. Daraus resultierten Missernten und der Verlust von Vieh. Es folgten verheerende Seuchen und kriegerische Auseinandersetzungen. Das wiederum führte zu Verunsicherung, religiösem Fanatismus, patriarchaler Ordnung und sozialem Druck in der Bevölkerung. Man konstruierte vielerorts Schuldige – bevorzugt Frauen und Mädchen, aber auch Männer und Jungen. Sie wurden völlig unschuldig verfolgt, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Hinter der Hexenverfolgung stand vor allem das Ziel, Kontrolle auszuüben, bestehende Machtverhältnisse aufrecht zu halten und Angst zur Stabilisierung der herrschenden Strukturen zu nutzen.