Schlosskirche
Die Schlosskirche ist das älteste und
stadtgeschichtlich bedeutendste Bauwerk
Varels, welches bis heute erhalten ist. Die
Anfänge der Schlosskirche liegen in einer
Wehrkirchenanlage, die bereits vor 1150
bestand. Über die Anfänge dieser Anlage ist
nichts bekannt, möglicherweise reicht ihre
Geschichte bis ins Frühmittelalter zurück. Die
Kirche steht auf einem 1,20 Meter hohen Hügel
und bildet die höchste Stelle im Stadtgebiet.
Schon zu vorchristlicher Zeit soll es hier ein
heidnisches (germanisches) Heiligtum gegeben
haben.
Im Mittelalter (mindestens vor dem Jahr 1250)
war die Kirche eine der vier Sendkirchen im
Gebiet des Archidiakonats in Rüstingen und
hatte damit eine überregionale Bedeutung im
damaligen Bremer Bistum. Zu dieser Zeit gab
es den Jadebusen als Meeresbucht noch nicht,
sodass es geografisch hier ganz anders aussah
(vgl. Station 1). Vor bzw. in der Sendkirche
befand sich ein mittelalterlicher Gerichtsplatz.
Die mittelalterliche Wehrkirche bestand um
1150 nur aus einem kleinen, rechteckigen
Gebäude aus Stein, welches noch keinen Turm
hatte.
Um 1200-1250 wurde vor den einfachen
Kirchenbau ein sogenannter „sächsischer“
Westriegel gesetzt, der bis heute in veränderter
Form erhalten ist. Zwischen 1250 und 1350
wurde im Apsissaal ein Gewölbe eingebaut.
Noch immer war die Kirche vergleichsweise
einfach errichtet. Erst um bzw. nach 1450
erhielt die Kirche eine Vierung und einen
Chorbereich. Ihr heutiges Aussehen entstand
erst im Laufe des 17. Jahrhunderts
(wahrscheinlich um 1650), als der heutige
Kirchturm auf dem ehemaligen Westwerk
errichtet wurde, der mit einem großen Dach
abschloss. Zuvor hatte die Kirche
wahrscheinlich zwei Kirchtürme.
Vermutlich war die Kirche ursprünglich dem hl.
Petrus geweiht. Mit dem Bau des Schlosses
Varel (vgl. Station 1) wurde sie zur
Schlosskirche umbenannt, auch wenn sie nicht
Teil der Schlossanlage war, sondern weiterhin
als Pfarrkirche genutzt wurde. Das Schloss
hatte eine eigene Kapelle, zusätzlich hatte die
Grafenfamilie einen eigenen Bereich in der
Kirche. Bis heute sind die Spuren der langen
Baugeschichte im Mauerwerk der Kirche zu
erkennen.
Über dem Eingang des Westriegels gibt es eine
sogenannte Turmloge, drei kleine Räume, die
eigentlich zum Langhaus der Kirche offen sein
sollten. Solch eine Turmloge ist auch aus
anderen sächsischen Westriegeln bekannt,
wobei man bis heute nicht weiß, wozu sie
dienten. In Varel wurde die Loge wahrscheinlich
nicht zu Ende gebaut, denn sie hat keine
Öffnungen zum Langhaus und ist zudem breiter
als das Langhaus in dieser Höhe. Man geht
davon aus, dass der ursprünglich und bis heute
weitestgehend erhaltene Apsissaal zu einer
Hallenkirche umgebaut werden sollte, zu der
dann auch die breite Turmloge gepasst hätte.
Aus unbekannten Gründen kam es jedoch nie
zu diesem Umbau. Heute ist die Turmloge einer
der schönsten Räume der Stadt.
Das Innere der Kirche hat sich sein
spätmittelalterliches Aussehen bewahrt und ist
überaus sehenswert. Dort kann man unter
anderem die kunstvoll geschnitzten Werke des
Malers und Bildhauers Ludwig Münstermann
(*um 1575, †1637/1638) entdecken. Er wurde
wahrscheinlich in Bremen geboren und hatte
seine Werkstatt in Hamburg. Er arbeitete
hauptsächlich im Oldenburger Raum und schuf
zahlreiche Kunstwerke in lutherischen Kirchen
der Region. Beauftragt wurde er von den
Oldenburger Landesherrn. In der Vareler Kirche
sind mehrere seiner Werke erhalten.