Landgrafenschloss

Über die Anfänge der heutigen Stadt Wanfried ist kaum etwas bekannt, sie zählt zu den ältesten Orten in der Region. Schon um das Jahr 530/531 soll der „Siedlungsplatz Wanfried“ gegründet worden sein. Vielleicht war damals die Siedlung ein Vorposten zur fränkischen Pfalz bzw. Burg im nahen Mühlhausen (Thüringen). Um das Jahr 724 wird die Stadtkirche erstmals erwähnt, was erneut auf einen sehr alten Siedlungsplatz an der Werra hindeutet. Möglicherweise ist die Kirche sogar eine Gründung von Bonifatius. Im Jahr 813 wird Wanfried erstmals als „In wanen In Riden“ bzw. als „Uuanenreodum“ bezeichnet. In den kommenden Jahrhunderten war die Region zwischen dem hessischen und thüringischen Landgrafen umkämpft, immer wieder wechselte der Landesherr – mal gehörte der Ort zu Hessen, mal zu Thüringen. Erst ab 1433 wurde Wanfried endgültig Teil der Landgrafschaft von Hessen. Anschließend kam es zu einer großen wirtschaftlichen Blüte Wanfrieds, unter anderem durch eine immer größere Bedeutung des Hafens als Umschlagplatz für die nahe Reichsstadt Mühlhausen und durch die Gründung eigener Handelskontore. Im Jahr 1608 erhält der Ort Stadtrechte. Nur wenig später (im Jahr 1626) wurde Wanfried während des Dreißigjährigen Krieges geplündert und große Teile der Stadt zerstört. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges erholte sich die wirtschaftliche Lage Wanfrieds rasch, unter anderem durch ein erneutes Aufblühen des Handels an der Werra. Zu dieser Zeit wurde Wanfried ein Teil des Herrschaftsbereichs des Rotenburger Quart und war ab 1667 Residenzort der katholischen Seitenlinie Hessen-Wanfried der Hessen- Kasseler Landgrafen. Das Landgrafenschloss war der Sitz der Linie Hessen-Wanfried, wobei die Geschichte des Schlosses noch viel weiter in der Geschichte zurückreicht. Im Jahr 1015 wird das heutige Schloss als Königsgut erstmals erwähnt – der damalige Monarch des Heiligen Römischen Reiches schenkte dem Kloster Hersfeld die Anlage. Ab 1293 wurde die Anlage zu einer Wasserburg umgebaut. Diese Talburg schützte die damals bedeutsame Handelsstraße nach Mühlhausen bzw. nach Südthüringen und weiter nach Leipzig. Mit der Reformation und dem Bauerkrieg wurde die Abtei Hersfeld immer abhängiger vom Hessischen Landgrafen, sodass schlussendlich die Burganlage in den Besitz des Hessischen Landgrafen überging. Ab 1534 ließ er die mittelalterliche Burg zu einer Schlossanlage ausbauen. Nachdem das Schloss im Dreißigjährigen Krieg schwer beschädigt wurde, entstand die heutige Anlage. Im 18. bzw. 19. Jahrhundert kam es zu zahlreichen Eigentümerwechseln und damit verbundenen Nutzungswechseln. Im Jahr 1878 erwarb der Rittmeister und königlich- preußische Kammerherr Karl Xaver von Scharfenberg (*1849, †1922) das Gebäude, in dem sich bis 1928 das Amtsgericht befand. Bis heute ist die Anlage im Besitz der Adelsfamilie von Scharfenberg bzw. der mit ihr verwandten Adelsfamilie von Hagen.
Auch wenn man das Grundstück des Schlosses nicht betreten kann, gibt es entlang der Schlossmauer einiges zu entdecken. Hier steht beispielsweise eine über 100 Jahre alte Linde. Schon im Mittelalter stand an dieser Stelle eine Linde, die 1617 als „Alte Linde“ bezeichnet wurde. Im Mittelalter war der Baum ein wichtiger Treffpunkt und Ort für Feierlichkeiten und Feste. Diese Alte Linde musste 1891 gefällt werden, woraufhin der heutige Baum gepflanzt wurde. Die Senken im Gelände sind die Reste des mittelalterlichen Wassergrabens rund um die damalige Burganlage.
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Wanfried um 1850 mit Landgrafenschloss Kartengrundlage: Hessisches Staatsarchiv Marburg, Inventar-Nr. P II 12032/001